In unserer Gesellschaft scheint es verlockend zu sein, komplexere Vorgänge oder Formationen zu zentralisieren, von einer Stelle aus unter Kontrolle zu bekommen.

In unserer Gesellschaft scheint es verlockend zu sein, komplexere Vorgänge oder Formationen zu zentralisieren, von einer Stelle aus unter Kontrolle zu bekommen.
Unter dem Titel „Mai Fest, die Fest“ wird am Samstag, dem 18.5.2013, in Gleisdorf ein Innenstadt-Fest über die Bühne gehen, bei dem wir wieder einen kleinen „Kultursalon“ abhalten.
kulturelle salons, zirkel, das hat so seine historien. diese kulturellen ereignisse, seit dem 18. jahrhundert in europa von bedeutung, waren in unserer geistesgeschichte prägend. sie waren auch die quelle bemerkenswerter geschichten.
ein beispiel: fjodor dostojewski gehörte einem zirkel an, in dem er einen text von wissarion belinski verlas, der gogol gewidmet war. dieser leseakt brachte ihn nach sibirien. der zar hatte ihm die lesung mit verbannung und zwangsarbeit quittiert.
sie merken schon, romantisch ist das eigentlich nicht. außerdem handeln solche geschichten von kreisen, denen meine leute nicht angehört haben. was sich dann als „bürgerlicher salon“ herauskristallisierte, ein hort kultureller entwicklungen (und politischer merkwürdigkeiten), kann eigentlich auch kein angemessenes modell für mein milieu abgeben.
heute ranken sich viele legenden um das grazer „forum stadtpark“. das meiste davon halte ich für kreative privatmythologien, wenngleich man die meriten von fredi kolleritsch & co. ja nich gering schätzen muß. das war die generation vor uns. und die ist hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt gewesen. (diesbezüglioch sind wir bei diesen professoren und bohemiens in die lehre gegangen.)
schließlich gab es „graz underground“ in den 1980er-jahren, boheme-hafte zustände, künstlerisch betonte kreise der nachfahren von keuschlern, kleinhäuslern, dienstboten. wie viele generationen hatte es bisher denn gegeben, um solche art der „kulturellen kreise“ zu erproben? wir waren eher „offene zirkel“, ohne gemeinsames programm, ohne gemeinsame vorhaben im kunstbetrieb.
unter uns gab es zwar vereinzelt leute, die situierter mittelschicht entstammen, aber das war ja eigentlich kleinbürgertum, bildungsbürgertum, also seinerseits noch in erheblicher sozialer distanz zu dem, was in den rund 200 jahren davor „salon-kultur“ ausgemacht hatte.
die unsägliche „verschnöselung“ des bildungsbürgertums hat inzwischen einige terrains frei gemacht. was meint „verschnöselung“? ich habe es seit vielen jahren im kulturbetrieb laufend mit akademisch graduiertem personal zu tun, darunter erfüllen nur die wenigsten leute grundlegende standards ihres milieus. ich kann bei diesen leuchten die simpelsten standards an kunstverständnis und wissen um kulturelle zusammenhänge nicht voraussetzen.
solche „schnösel“ habe ich nicht nur in politik und verwaltung, sondern auch in allerhand managements vor der nase. da herrscht eine stichwortgeberei, ein einwerfen von floskeln, aber wenn ich genauer nachfrage, falle ich in’s leere. das hat kulturpolitisch fatale folgen.
so sind wir schon eine weile damit befaßt, adäquate situationen zu entwerfen, die einer entspannten debatte über fragen der kunst und des kulturbetriebes förderlich sind, ohne dabei zu einer billigen karikatur bürgerlicher kultursalons zu werden. das sind hintergründe des weges von „talking communities“ …
— [talking communities] —
nein, es ist nicht eigentlich eine veranstaltung von „kunst ost“. aber ja, es hat einiges mit „kunst ost“ zu tun. das intermezzo „subtile transfers“ von IEFS [Kiesling & Stolberg] ist der schritt einer dokumentation jenes prozesses, den ursula kiesling und maki stolberg im öffentlichen raum der oststeiermark realisiert haben.
wir haben uns bei der eröffnung von „the track: virtuosen der täuschung“ („steirischer herbst“) in gleisdorf darüber besprochen, daß diese präsentation im „einraum“ stattfinden werde. die kleine galerie in der innenstadt gleisdorfs (barbara lukas) ist momentan „kultursalon“ von „kunst ost“.
der „kultursalon“ ist weniger ein fixer raum, mehr eine kommunikationssituation, so auch gewissermaßen ein möglichkeitsraum. dort, im „einraum“, im aktuellen „kultursalon“, führt momentan die themenlinie von den „kollektiven aktionen“ aus moskau (andrej monastyrskij & co.) über „protok“ (banja luka, bosnien & hercegovina) zu einem moment in racak (kosovo).
in diesem zusammenhang haben nun also [Kiesling & Stolberg] ein intermezzo realisiert, einen einschub. dabei ergab sich übrigens ein bemerkenswertes gespräch mit dem kunsthistoriker werner fenz und dem landvermesser gerhard skrapits, den ich bisher nur als fotograf gekannt habe.
das führte zu einigen fragen im zusammenhang der themen öffentlicher und privater raum sowie zeitgemäße positionen kunstschaffender. damit waren wir inhaltlich beim gesamtzusammenhang des aktuellen „kultursalon“, der wiederum von den „kollektiven aktionen“ in einem internationalen rang repräsentiert wird. (tondokumentation in vorbereitung!)
und genau DAS mag ich so am stand der entwicklungen in unserem tun. diese weiten horizonte und komplexen themenstellungen, denen wir uns nun zunehmend in der praxis widmen können; abseits des landeszentrums aber durchaus in augenhöhe mit den interessanten leuten aus der hauptstadt.
Ein Intermezzo im Kultursalon von „kunst ost“. Zur Eröffnung spricht Werner Fenz. Wir laden Sie/dich sehr herzlich zu dieser Veranstaltung ein:
subtile transfers
Ideenarchäologische Forschungsaktion
IEFS Kiesling & Stolberg
Am Donnerstag, 4. November 2010, 17-19 Uhr
in der Galerie „einraum“
Bürgergasse 12, 8200 Gleisdorf
(Der Eintritt ist frei)
Die Markierungen der Künstlerinnen Ursula Kiesling und Maki Stolberg regen seit Sommer im Weizer Land zu Konfrontation und Diskussion an: Wem gehört der öffentliche Raum, wer besetzt Wege, Orte und Gegenden mit Ideen? Wer ist das Zielpublikum und wie gehen die Leute mit den vielfältigen Programmierungen öffentlichen Raums um?
Die Dokumentation der Begegnungen mittels Slide-Show und Installation bietet auch die Möglichkeit, mit Kiesling & Stolberg noch einmal über die Aktion und die damit verbundenen Kontroversen zu reflektieren.
Mit Unterstützung des „Institut für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark“
Für Fragen stehen wir gerne zur Verfügung:
Ursula Kiesling 0699/88487763, urs@mur.at oder
Michaela Zingerle 0664/5404289, office@kunstost.at
Weiterführende Informationen: www.iefs.at / van #1 / van #2