Mein Motto muß mehr denn je lauten: Aufwertung des Kulturbereiches in einer Abwärtsbewegung der Budgets. Wie kann das gehen? Meine bevorzugte Mutmaßung: Nur durch rigorose inhaltliche Arbeit und angemessene Kooperationen. Einen anderen Weg sehe ich derzeit nicht.
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Die Künstlerhaus-Debatte #10
Sendepause für Fortgeschrittene?
Ich sehe die mittlerweile sehr moderate Kontroverse um das Grazer Kunsthaus als Anlaßfall für Debatten, als einen Kasus, in dem ein bescheidener Weckruf steckt. Aus der ursprünglichen Frontstellung ist eigentlich nichts geworden. Die gängige Klamotte hatte exponierte Rollen für a) Landeskulturreferent Buchmann, b) Joanneum-Boss Pakesch und c) ein heterogenes Bündel an Kunst- und Kulturschaffenden parat.
In der frühen Phase dieser Geschichte sorgte ein sehr anregendes Papier „Zur Lage der bildenden Kunst in Graz“ [link] für einen Akzent, der zum Ausgangspunkt taugte. Es ist mir nicht aufgefallen, daß die angeblichen „Hauptgegner“ Buchmann und Pakesch dem energisch widersprochen hätten. Auch ist die stellenweise „Kriegsrhetorik“ aus der Berichterstattung früherer Tage inzwischen verschwunden. Es könnte also interessant werden.

Wir warten wohl alle noch gespannt, wie sich Landeskulturbeirat und Landesrat Buchmann zu den eingereichten Projektpapieren in der Sache äußern werden. Inzwischen haben „Krone“ und „Kleine Zeitung“ eine ganze Reihe von Statements zum kulturpolitischen Status quo publiziert. Einiges davon ist online zu finden; siehe die (vermutlich unvollständige) Übersicht: [link]
Etwas unklar ist nach wie vor das öffentliche Agieren der IG Kultur Steiermark. Ohne jeden Zweifel waren es vor allem IG-Leute, die eine Formation initiiert und begleitet haben, welche sich auf dieser Website präsentiert: [link] Doch formelle IG-Statements betonen, dies sei KEINE Initiatve der IG, sondern, wie das Impressum der Site besagt, eine „Arbeitsgruppe steirischer Künstler*innen für ein selbstverwaltetes Künstler*innenhaus Graz“.
Eine nic.at-Abfrage nennt die „werkstadt graz“ [link] und Joachim Baur als Inhaber der Domain. Ein allfälliges Mission Statement von ihm oder seiner Einrichtung habe ich nicht finden können. Er ist auch nicht unter den Leuten des „Einser-Papiers“ [link] genannt.
Es ist also nach wie vor nicht so leicht, halbwegs flott zu überblicken, wer nun genau welche Erwartungen bezüglich Künstlerhaus hegt. Ich kann nur hoffen, daß der Landeskulturreferent, dem nun eine zukunftsweisende Entscheidung abverlangt wird, sich etwas besser informiert fühlen darf.
Eines teilt diese Formation, die „Arbeitsgruppe steirischer Künstler*innen“, mit etlichen anderen Gruppierungen, die Ansprüche auf inhaltliche Gestaltung und zukünftige Nutzung des Künstlerhauses stellen. Sie hat bis dato kein Konzept auf dem Tisch, vermutlich auch in keiner Schublade.

Was als sogenanntes „Manifest“ bisher manifest geworden ist, würde bei keiner mir bekannten Förderstelle auch nur die Spur einer Aussicht auf Kofinanzierung finden: [link] Es sind etliche Formationen, Initiativen und Verbände damit befaßt, sich eine Nutzung des Hauses auszumalen. Leider suche ich auf den diversen Websites dieser Einrichtungen vergeblich nach aufschlußreichen Proklamationen, kulturpolitischen Statements oder themenbezogenen Diskursen.
Auch längst eingeführte Plattformen bieten eher magere Informationen. Die IG Kultur Steiermark ist in Sachen Inputs von einer in Wien gestarteten Kampagne (der bundesweiten Ländervertretung) dominiert: „Fair pay“ [steirischer link] [wiener Link]
Immerhin: „Die IG Kultur Steiermark ist ein Zusammenschluss steirischer Kulturinitiativen und agiert als kulturpolitische Interessensvertretung.“ Die Mitglieder, gut, einige, aber doch recht überschaubar: [link]
Dennoch genug Leute aus dem Metier, das könnte für ein, zwei Jahre kritischen Diskurs zur Kulturpolitik gut sein. Der würde mit Sicherheit weder in Politik noch Verwaltung ignoriert werden. Bloß, da IST kein öffentlicher Diskurs zur Sache. Und falls es einen privaten gibt, dringt davon eher nichts nach außen.
Klicken Sie einen beliebigen Link auf der Mitglieder-Liste an, ich hab’s gerade gemacht: Vier Stichproben, nichts. Oder wie wäre es mit „KIG! Kultur in Graz“, weil nämlich eine „Plattform für interdisziplinäre Vernetzungsarbeit, mit Veranstaltungskalender und Diskussionsforum“? [link] Nein, heute nicht. Kein aktueller Diskurs. Vielleicht nächstes Jahr.
Daß nun diese exponierten Angelpunkte in der aktuellen Sache – Künstlerhausdebatte – weitgehend beitragsfrei aufzufinden sind und speziell die Projektsite zum Thema [link] wie ein toter Briefkasten im Web hängt, wirft kein gutes Licht auf den Stand der Dinge. Es stellt sich vor allem die Frage: Was ist, wenn da nichts ist? Nämlich nichts an nachvollziehbaren Gründen und elaborierten Ansprüchen?
Was will ich damit eigentlich sagen? Mir fällt auf, daß die „primären Kräfte“, also Kunst- und Kulturschaffende der Steiermark, potentiell, aber eben nur potentiell, über eine erhebliche Medienmacht verfügen. All diese Initiativen und Einrichtungen verfügen gewöhnlich über eigene Printmedien oder haben adäquate Zugänge, betreiben eine Website, könnten in freien und in privaten Radios Präsenz pflegen.
Das könnte ein Diskursfeld und ein Ausmaß selbstbestimmter Öffentlichkeit ergeben, an dem – wie schon angedeutet – weder Politik noch Verwaltung vorbeikämen. Doch was ereignet sich? Es braucht eine konventionelle „Kleine Zeitung“, die ihr Personal losschickt, um über ganz herkömmliche journalistische Arbeit kluge Ansichten wie etwa die von Autor Johannes Schrettele zum Klingen zu bringen.
Wer immer sonst noch prätentiös rund ums Künstlerhaus herumsteht, freut sich vielleicht, sogar in der „Krone“ einige Statements von Gewicht nachlesen zu können. Doch viel mehr ist in der medial generierten Öffentlichkeit der Steiermark momentan nicht zu finden. Das Gros meiner Leute folgt offenbar dem Rat, den mir der oststeirische Bauer Richard Hubmann kürzlich augenzwinkernd zukommen ließ: „Da hilft nur eines: Kompromisslos weitersudern!“
[Die Debatte: Übersicht]
Die Künstlerhaus-Debatte #4
Bin ich hinterm Mond und habs nicht bemerkt?
Die gute Nachricht: Von einem „Kulturkampf“ kann in Graz keine Rede sein. Kein Schlachtfeld in Sicht. Läßt sich solcher „Superismus“ einmal aus den Betrachtungen herausnehmen, muß nicht jedes Geschehen gleich das superste, wildeste, gefährlichste sein, bleibt ja vielleicht genug Transparenz im Blickfeld, um die Dinge etwas klarer sehen zu können. Etwa den Status quo der Debatten rund um das Grazer Künstlerhaus.
Die goschertste Seele auf dem Set ist momentan sicher der Peter Weibel. Doch aus dem läßt sich für die Sache sicher keine Galionsfigur schnitzen. (Was schert den die Grazer Szene?) Wer sich auf seine Seite reklamiert, tut das vermutlich ohnehin nur, um den Peter Pakesch zu triezen. Der muß zwar für alles mögliche als Feindbild herhalten, doch das wird langsam etwas fad.
Wie schaut’s aus? Ich hatte kürzlich an einem Artikel im Standard [link] bestaunt, daß da a) jemand auf irgendwelche Barrikaden steige und b) festgestellt wurde: „Man trifft sich seit vielen Monaten und erarbeitete ein rund 30 Seiten starkes Papier.“ Siehe auch: [link] Mir schien beides nicht sehr plausibel.
Eine kleine Recherche zeigt nun, daß vor allem der scheinbare Zusammenhang zwischen a) dem Papier „Zur Lage der bildenden Kunst in Graz“ und b) den genannten 30 Seiten irreführend ist. Diese Werke haben keine besondere Verbindung. Eher im Gegenteil.
Das „Einser-Papier“ stammt vom dort genannten Personenkreis und steht darin für sich. Das sei in der Konstellation äußerst sensibel höre ich. Eine der Unterzeichnerinnen, Eva Ursprung, teilte mir mit: „ab jänner sind an den verschiedenen locations der beteiligten (rotor, medienturm…) veranstaltungen geplant, in denen auf die einzelnen bearbeiteten themen näher eingegangen wird.“ Meiner Meinung nach ein Gewinn für den Lauf der Dinge, weil solche Erörterungen und Konkretisierungen mehr als nötig, ja überfällig sind.
Eine andere Sache ist die aktuelle Mailingliste der IG Kultur Steiermark unter der Federführung von Caroline Oswald Fleck und Eva Ursprung. Dafür sollte außerdem schon längst eine eigene Website als Plattform für Telekommunikation und Teleworking etabliert sein: [link]
Die wird zwar promotet, ist aber noch tot. Ich vermute, die Netzkulturszene hat vergessen, wie flott man etwa bei mur.at zum Bispiel ein Wiki in Gang bringen kann, um Diskurs und Diskussionsfluß via Web zu bewegen. Österreichische Gemütlichkeit ist irgendwie… radikal.
Übrigens! Dieser Community sei auch, so höre ich, das oben genannte 30 Seiten-Papier zuzurechnen. Womit haben wir es da zu tun? Wissen wir nicht, denn es gibt nicht einmal irgendwelche Diskursschnipsel oder inhaltliche Diskussionbeiträge der Leute auf irgendeiner Website der Netzkulturszene.
Da wäre ja zum Beispiel „KIG! Kunst in Graz“: Eine „Plattform für interdisziplinäre Vernetzungsarbeit, mit Veranstaltungskalender und Diskussionsforum.“ Präsidentin: Anita Hofer. Die gehört auch dem Vorstand der IG Kultur Steiermark an. Sollte ich da nicht fündig werden können? Kann ich aber nicht. Gut, ich finde dort von mir einen Artikel, aber den kenn ich schon.
Immerhin, nach einigem Nachfragen erfuhr ich nun: „die 30 seiten sind texte zu den verschiedenen angesprochenen themen, erstellt durch kleine arbeitsgruppen. sie wurden (noch) nicht redaktionell bearbeitet, es ist aber geplant, das zu tun und in folge auf einige webseiten zu stellen.“
Das klingt für mich freilich ein wenig anders als das via Presse kolportierte „Man trifft sich seit vielen Monaten und erarbeitete ein rund 30 Seiten starkes Papier.“
Zur Erinnerung, Kulturlandesrat Christian Buchmann ließ wissen: „Diese Konzepte wurden von mir am 2. November an den Landeskulturbeirat weitergeleitet, den ich um eine Expertise zu den Konzepten bis Ende des Jahres ersucht habe.“ [Quelle]
Damit meinte Buchmann die Künstlervereinigungen (Dr. Beate Landen), Luise Kloos, Erika Lojen, Edith Temmel, die IG Kultur, das Grazer Stadtmuseum, das Künstler-Paar Nestler-Rebeau und das Universalmuseum. Falls also ein Konzept der IG Kultur Steiermark „bis Ende des Jahres“ geprüft werden sollte, möchte man empfehlen: Bitte schneller schlafen, damit die Wachzeit noch entsprechend genutzt werden kann.
Ach, was rede ich darum herum? Ich bin eigentlich völlig konsterniert, daß eine Medienberichterstattung von Aktivitäten berichtet, als seien sie in vollem Gange, während sich so manches, wenn man nachfragt, als erst geplant, als beabsichtigt herausstellt.
Soll ich mir wünschen, daß ein teures Haus einer Community womöglich zur Selbstverwaltung überlassen wird, die in dieser jetzt doch sehr entscheidenden Phase zwar ihr Begehren äußerst, aber nicht einmal mit deren Begründungen nachkommt? Und was darf ich von einer online-Community erwarten, der heute noch nicht einmal jene angehören, die bei der letzten Pressekonferenz vor dem Künstlerhaus ihre Gesichter in einige Kameras gehalten haben?
Pardon, das ginge auf meinem Kontinent nicht. Oder bin ich auf einem anderen Planeten und wußte es gar nicht? Womöglich hinter dem Mond? Ich glaub, ich muß amal vor die Tür hinaus gehen und überprüfen, wo ich eigentlich bin. Und ich füge noch an: Vielleicht wäre bald nach der Legitimität und dem Mandat einer Gruppe zu fragen, die auftritt, als verträte sie „die Künstlerinnen und Künstler der Steiermark“, ohne zu diesem Zeitpunkt in genau dieser Sache auch nur ein kohärentes Ideenpapier vorlegen zu können.
[Die Debatte: Übersicht]