Künstler Alfredo Barsuglia befaßt sich seit Jahren mit dem Thema Schönheit, also etwa mit den Fragen der kulturellen Konstruktion dieses Themas und deren Konsequenzen, aber auch mit den visuellen Codes unserer Schönheitsbegriffe.

Die „Energieregion Weiz-Gleisdorf“ hat eine sehr exponierte Themenstellung, welche ein Stück Praxis in Energiefragen ausmacht: Mobilität. Wir haben uns als Kulturinitiative dabei dem Teilthema Mobilitätsgeschichte gewidmet.
Was heute allen selbstverständlich erscheint, ist ein ganz junges Phänomen: Individuelle Mobilität auf der Basis von persönlichem Automobilbesitz.
Wer meiner Generation angehört, hat vielleicht noch eine ferne Erinnerung, daß die Anschaffung eines Fahrrades an besondere Anlässe gebunden sein konnte und der Besitz eines Autos keineswegs selbstverständlich war. In meinem Milieu waren Gebrauchtfahrzeuge üblich.
Zwei Kräftespiele dominierten in den 1970ern unseren Alltag und fanden ihre Fetische wie ihren Ausdruck in der Motorisierung: Individuelle Mobilität und sozialer Aufstieg. Das lief entlang einiger struktureller Details, die zuerst im „trauten Heim“ abgehandelt wurden. Auf dem Weg in eine Wohnung mit „richtigem Badezimmer“ kamen wichtige Maschinchen gewöhnlich in genau jener Reihenfolge daher: Kühlschrank, Waschmaschine, Fernsehgerät.
Eine Standardversion der Nachkriegmobilisierung hatte die Abfolge Fahrrad, Moped/Motorroller, Kleinwagen. Dank der in Österreich sehr erfolgreichen Marke Puch waren in diesem Teil der Geschichte auch Motorräder verfügbar, die nicht gar so teuer gewesen sind wie die großen BMW, NSU, Matchless oder Triumph.
Diese sozialgeschichtliche Entwicklung hat inzwischen zu einem vorher nie dagewesenen Wohlstand in unserer Gesellschaft geführt, dessen Annehmlichkeiten allerdings spätestens seit 2008 merklichen Bedrohungen ausgesetzt sind. Zugleich hat das Thema Individualverkehr zu einer Reihe von infrastrukturellen und ökologischen Problemen geführt, die wir nicht ignorieren können.
Als Kulturinitative ist kunst ost vor allem soziokulturellen Themenstellungen gewidmet, wobei der Kunst ein gewichtiger Stellenwert eingeräumt wird. Zu unserem Engagement gehört aber auch Diskursarbeit, denn über die Debatten relevanter Themen wird heute das generiert, was wir uns unter „öffentlichem Raum“ vorstellen dürfen.
Aus solchen Zusammenhängen ergibt sich nun auch eine kleine Kooperation mit dem Johann Puch-Museum Graz. Dieser Ort ist ein Umschlagplatz für Details der hier skizzierten Geschichte seit wenigstens 1900, in einigen Aspekten noch ein Stück zurück in das 19. Jahrhundert reichend. Im Augenblick hat kunst ost begonnen, für das Museum eine Facebook-Präsenz aufzubauen und redaktionell zu betreuen.
Da können sich also Facebookies schon einen ersten Eindruck verschaffen, welche Stoffe in jener Halle greifbar werden, die noch zu Lebzeiten des Johann Puch gebaut wurde.
Das Johann Puch-Museum Graz auf Facebook: [link]
das fazit leutete „eingezwickt.“ so faßte man es im oktober 1897 zusammen, als in der illustrierten „wiener bilder“ über „ein straßenbild aus dem radlerleben in wien“ berichtet wurde. automobile waren praktisch noch keine auf dem set. die illustration zeigt, wer sich damals den platz auf den flächen teilen mußte.
da sind zwei radfahrer zwischen fuhrwerken und im hintergund holt die straßenbahn auf. wären noch die fußgänger zu erwähnen, die im begleitenden text so vorkommen: „erstlich hat man mit den noch immer nicht vom schauplatz verschwundenen fußgängern zu rechnen, die am liebsten gerade erst dort gehen, wo ein radler fährt…“
klingen diese töne nicht sehr vertraut und aktuell? wir befassen uns bei „kunst ost“ unter anderem mit MOBILITÄTSGESCHICHTE, weil die themen individuelle mobilität und massenmotorisierung nicht nur über sachfragen präsent sind, sondern auch während vieler jahrzente mit enormen geldmitteln ideologisch befrachtet und promotet wurden.
durch die arbeit im rahmen unseres „kuratoriums für triviale mythen“ hat sich das einvernehmen mit dem kulturwissenschafter matthias marschik verdichtet. ich habe mit ihm eben ein manuskript zur geschichte des „steyr-puch 500“ abgeschlossen. das buch wird kommendes frühjahr im „sutton verlag“ erscheinen. dort kam eben marschiks „automobil in wien, 1955-1975“ heraus: [link]
wir sind also bezüglich der technologischen und sozialen grundlagen dieser geschichte ganz gut aufgestellt. die steiermark hat in diesem zusammenhang spezielle bezugspunkter vorzuweisen. das ist exemplarisch an der geschichte des johann puch, die ich hier gerade im web aufblättere, festzumachen: [link]
diese geschichte bietet interessante querverbindungern. da wäre etwa von franz pichler, dem gründer der weizer „pichlerwerke“ zu reden: [link] da bietet der lebenslauf des autors peter rosegger anknüpfungspunkte, da wird die wirkung von nikola tesla näher zu betrachten sein.
so leuchten wir den kulturellen und ideologischen hintergrund jenes mächtigen wirtschaftskomplexes aus, dessen völlige umstellung wir vor allem einmal mental schaffen müssen, denn die energie- und infrastrukturkosten steigen inzwischen so steil an, daß es absehbar ist, wann der automobilismus wieder den kleineren kreisen reicher leute vorbehalten sein wird.