Archiv für den Monat: März 2011

april-festival: aktueller stand

Wir durchleuchten heuer Zusammenhänge im regionalen Leben zwischen agrarischer Welt und High Tech, zwischen trivialen Mythen und realen Strategien der Krisenbewältigung. Es geht gewissermaßen um die Praxis der Zuversicht.

Wenn diese Region eine Erzählung wäre, dann könnte sie sich selbst erzählen, falls die Menschen, die hier leben und arbeiten, ihre Stimmen erheben würden. Die soziokulturelle Drehscheibe „kunst ost“ schafft für diese kulturelle Möglichkeit einen Rahmen. Es geht um eine Versuchsanordnung, in der grundverschiedene Kreative Gelegenheit finden, gemeinsam für einige Wochen zu einem größeren Ganzen zu finden.

(coverfoto: christian strassegger)

Mit dem Thema des „April-Festivals“ 2011 – „elektrisiert“ – widmen wir uns dem Funken, der uns bewegt, um auf die Zukunft aktiv zugehen zu können.

Heuer haben wir erstmals das Formieren völlig autonomer „Location Crews“ angeregt, um so eine Organisationsform einzurichten, in der die teilnehmenden Personen selbst mehr Verantwortung für das Ganze tragen, in der zugleich die Prinzipien eigenständiger Regionalentwicklung in eine aktuelle Praxis überführt werden.

Wir haben außerdem innerhalb des „April-Festivals“ 2011 Schwerpunkte gesetzt. Neben den „Tagen der Kunst“ realisieren wir andere „Thementage“, wie etwa einen „Tag der agrarischen Welt“, einen „Tag der trivialen Mythen“ oder einen „Nikola Tesla-Tag“. (Tesla ist jener herausragende Ingenieur, dessen Erfindungen zu Grundlagen der Elektrifizierung der Welt wurden: [link])

In der praktischen Umsetzung des Festivals ergibt sich eine spezielle Referenz an die „Energie-Region“, indem heuer eine Gruppe Kunstschaffender aus Gutenberg, das zu den nördlichsten Gemeinden der Region zählt, in Wetzawinkel (Hofstätten), der südlichsten Gemeinde in der „Energie-Region“, gastiert. Zugleich haben wir in dieser Gesamtveranstaltung erstmals ein kulturelles Zusammenwirken der „Kleinregion Gleisdorf“ erreicht und so eine Praxis-Situation geschaffen, um mit solchen Anforderungen der Regionalentwicklung weitere Erfahrungen sammeln zu können.

+) Eine kurze Übersicht der Orte und Veranstaltungen: [link]
+) Das Programm mit den Akteurinnen und Akteuren: [link]
+) Laufende Notizen zur inhaltlichen Entwicklung dieses Festivals: [link]

Für „kunst ost“
Martin Krusche, Künstler
Mirjana Peitler-Selakov, Kunsthistorikerin
Nina Strassegger-Tipl, Kulturmanagerin

P.S.:
In unserer Arbeit bündeln wir vier Genres, die wir zu einander in Wechselwirkung bringen, damit Menschen mit sehr unterschiedlichen Intentionen und Talenten Anknüpfungspunkte finden: Alltagskultur, Voluntary Arts, Kunsthandwerk und Gegenwartskunst. Siehe dazu auch: [link]

menschenverachtung zurückweisen

was schert es mich, daß in der oststeiermark jemand für einen kleinen täter-kreis die todesstrafe promotet und somit die vorstellung von „unwertem leben“ restauriert? und was hat das hier bei „kunst ost“ zu tun?

der absender dieser merkwürdigen botschaft, daß nämlich „perversen schweinen“ der tod gebühre, ist ein bürgermeister der „energie-region weiz-gleisdorf“ bzw. der „kleinregion gleisdorf“. er ist ferner mein kooperationspartner für das kommende „april-festival“, schweigt allerdings momentan gegenüber meinen einwänden.

der kulturbetrieb ist kein "dekorationsgeschäft". es geht im inhalte ...

was geht’s mich und uns also an? ich bringe zuerst einen pragmatischen grund vor. „kunst ost“ ist das überhaupt erste LEADER-kulturprojekt der steiermark, unterliegt demnach laut unserem vertrag den „Richtlinien zur Förderung von Maßnahmen im Rahmen des Aktionsprogramm Achse 4 LEADER über kulturelle Förderungen im ländlichen Raum von 2007 – 2013 durch die Europäische Union und vom Land Steiermark – Kultur“.

einer der punkte im bereich „Leitziel“ dieser richtlinien lautet:
„Erarbeitung von sozialkulturellen Werten hinsichtlich nachhaltiger regionaler/lokaler Entwicklungsansätze für den ländlichen Raum mit Innovationscharakter und regionaler/lokaler Schwerpunktsetzung“.

ein weiterer punkt lautet:
„Der Schwerpunkt liegt auf zeitgenössischer Kunst, künstlerische und soziokulturelle Ansätze sollen zu einem zukunftsorientierten regionalen Dialog führen. Ziel ist es — an der Nahtstelle von Kunst und Alltagsleben — die jeweilige Region und ihre Bevölkerung in die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und künstlerischen Themen einzubeziehen. Das künstlerische Potential einer Region soll auch in einen Austausch mit internationalen künstlerischen Positionen treten.“

— [quelle] —

ich dürfte also allein von daher ein klares mandat für meine erwartung geltend machen, daß in der „energie-region“ über diesen vorfall und seine konsequenzen nicht einfach hinweggegangen wird. ich muß aber zur kenntnis nehmen, daß der lokalpolitiker ausschließlich ein sehr laues dementi gab, darüber hinaus der fall bisher kaum prominente einwände im öffentlichen diskurs nach sich zog; schmierdorfer in der „kleinen zeitung“: „die Todesstrafe für Kinderschänder ist meine persönliche Überzeugung“. [quelle]

nun darf man natürlich in einem reich der meinungsfreiheit meinen, was einem beliebt. und da sich inzwischen auf schmierdorfers „facebook“-präsenz ein erhebliches grüppchen an ministranten der tyrannis eingefunden hat, wo nun auch weiterhin das töten von delinquenten gefordert und schmierdorfer nebenbei zu seiner haltung gratuliert wird, sind in einer pluralistischen gesellschaft natürlich klare gegenpositionen notwendig.

immerhin spricht sich der amtierende bürgermeister offen gegen den artikel 85 der österreichischen bundesverfassung aus: [link]

"... aber wenn sie solche ansichten publizieren, werde ich ihnen ausdauernd widersprechen!“ (foto: nikola dzafo)

habe ich nun als KÜNSTLER einwände vorzubringen? nein, denn die kunst ist prinzipiell keinen tagesgschäften gewidmet und eignet sich nicht als „werkzeug“ für diese oder jene zwecke außerhalb ihrer selbst.

ich neige allerdings zu einer etwas antiquierten pose, deren „absacken“ kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov kürzlich so skizziert hat: „Die klassische Konzeption von Kunstschaffenden im Westen als ‘öffentliche Intellektuelle’, als Figuren der Aufklärung in einer bürgerlichen Öffentlichkeit, hat definitiv an Aktualität verloren und ist noch von rein historischer Relevanz. Parallel dazu verschwindet auch die Vorstellung von einer bürgerlichen Öffentlichkeit als einem Raum, der von rational-kritisch ausgestatteten Subjekten betreten werden soll. Es gibt ‘die Öffentlichkeit’ nicht mehr, sondern entweder überhaupt keine Öffentlichkeit oder eine Reihe verschiedener fragmentierter, spezifischen Öffentlichkeiten.“ (siehe dazudas kühle extrazimmer #10!)

als künstler bin ich demnach nicht gefordert, in dieser sache unbedingt stellung zu beziehen, doch meine jahrelange erfahrung aus künstlerischer praxis stattet mich mit kompetenzen aus, die mich als bürger der region natürlich einigermaßen geharnischt reagieren lassen.

der wesentliche antrieb, hier öffentlich zu widersprechen, liegt freilich im bereich des kultuellen engagements. das meint, unsere kulturelle entwicklung, die ja von sehr unterschiedlichen menschen betrieben und getragen wird, sollte positionen wie die des bürgermeisters mit den mord-phantasien aushalten. doch hier ist einspruch und öffentliche gegenposition unverzichtbar.

wo eine haltung gegen die menschenwürde und für die vorstellung von „unwertem leben“ eingenommen wird, wäre jedes kulturelle engagegement entwertet, wenn es einen schweigend darüber hinweggehen ließe. meine botschaft lautet demnach: „sie mögen denken, was immer ihnen beliebt, mein herr, aber wenn sie solche ansichten publizieren, werde ich ihnen ausdauernd widersprechen!“

dem gebe ich nun hier im web auch seine evidenz:
— [link] —

es gibt kein „unwertes leben“

in der 7. kalenderwoche 2011 habe ich das vorwort zu unserem kommenden „april-festival“ publiziert: [link] darin heißt es unter anderem: „… gewissermaßen eines der großen Themen menschlicher Gemeinschaft: Die Bewältigung der Wildnis. Das meint nicht etwa die Beherrschung der Wildnis, denn diese Idee ist ein Phantasma, welches uns die Natur regelmäßig herunterräumt. Aber die Bewältigung der Wildnis als ein Ringen um Lebensräume, in denen die Menschenwürde sichere Orte hat, das ist eine große Aufgabe, …“ so erschien es inzwischen auch im „stadtjournal“ von gleisdorf.

wir können die wildnis bewältigen, aber nicht beherrschen ...

kürzlich erschien noch etas anderes. ein bürgermeister der „kleinregion gleisdorf“, respektive der „energie-region weiz-gleisdorf“, publizierte in einer öffentlichen „facebook“-präsenz die ansicht, für „geistig abnorme rechtsbrecher“, die sich an kindern vergangen hätten (zitat: „als perverses schwein bist du geboren“), sei die todesstrafe einzuführen. es gab ein laues dementi. danach bestätigte der mann dutzende neue „freunde“, die ihm überwiegend zustimmten, ihm mut zusprachen, sein posting unterstrichen.

es ist nicht einmal authentischer ausdruck einer nachvollziehbaren sorge, sondern pure polemik, um den blick auf das reale thema und prblem zu verstellen ...

hat der bürgermeister damit einen lebhaften beitrag zu unserer themenstellung bei „kunst ost“ geleistet? („Die Bewältigung der Wildnis.“) möglich! denn der pathologische gewalttäter, nach menschlichem ermessen untherapierbar, der sich an einem kleinkind vergeht, den gibt es ja. das wäre ein praktisches beispiel, für die oben erwähnte „wildnis“, mit der uns die natur belehrt, daß „hundert prozent sicherheit“ ein phantasma bleiben. aber er ist die extreme ausnahme, äußerst rar. (da fürchte ich für meinem kind weit mehr notorische alkolenker und solche konsorten als potenzielle gefahr für seele, leib, und leben.)

mit der unredlichen fokussierung auf den pathologischen sex-attetntäter triggert der bekennende katholik nun „vox populi“, bringt schlagartig unbedachte emotionen zum anspringen und … vernebelt so den blick völlig auf das eigentliche „haupt-problem“, nämlich das gros jener sex-attentäter, die eine absolute majorität der gefahrenquellen für unsere kinder ausmachen.

eben genau NICHT die „psychos“, „hirnis“ oder wie auch immer des bürgermeisters neue freunde pathologische gewalttäter nennen, sondern die „normalos“, also psychisch keineswgs als „abnormal“ eingestufte und vielfach völlig unauffällige leute. unter denen wiederum, und das verschweigt der politiker aus der „familien-partei“ övp ebenfalls, stammt ein erdrückend hoher anteil aus dem unmittelbaren familiären umfeld der opfer.

nicht zu vergessen: typische „vertrauenspersonen“ wie lehrer und erzieher kommen dazu, nicht ausschließlich männer, auch frauen, aber doch überwiegend jungs auf der täterseite. hier reden wir noch gar nicht, wie erschreckend hoch die dunkelziffer behinderter frauen ist, an denen sich „ganz normale männer“ vergehen.

wenn wir also über sexuell aufgeladene gewalt reden wollen und was dagegen zu tun sei, dann stehen – sachlich betrachtet – die pathologischen fälle eher unten auf der prioritätenliste. davor kommen noch tausend andere gefahren, vor denen wir unsere kinder schützen möchten; davon wiederum sehr viele, vor denen wir sie auch schützen KÖNNEN, wenn diese gesellschaft als ganzes kindern mehr schutzwürdigkeit zubilligen und gewalt gegen kinder verläßlich wie umfassend ächten würde.

halten wir überdies fest, daß hier „pro todesstrafe“ nicht nur GEGEN die österreichische verfassung argumentiert wird, was unakzeptabel ist, vor allem, wenn es von einem amtierenden politiker kommt; die community, welche sich hier eingefunden hat, um die todesstrafe zu begrüßen, unterstellt damit, daß es „unwertes leben“ gebe, welches aus gründen angeblicher „staatsräson“ ausgelöscht werden solle.

da hilft kein dementi. das ausgangsstatement und die ganze folge einzeln zugelassener „facebook-freunde“ mit ihren pro-todesstrafe-kundgebungen sind ein faktisches eintreten für die idee vom „unwerten leben“. ich werte das als eine herausforderung der zivilgesellschaft. das ist kein „ausrutscher“, schon gar nicht „blauäugig“ (sic!). das ist eklatantes fehlverhalten einer regional exponierten persönlichkeit. es besteht klärungsbedarf!

— [das april-festival] —
— [das thema] — 

turbulenzen auf flotter fahrt

am donnerstag abend: christa ecker-eckhofen an ihrem letzten „amtstag“ als obfrau von „kunst ost“, bei der eröffnung einer ausstellung eigener arbeiten in der gleisdorfer galerie „einraum“. so rundet sich ein abschnitt turbulenter ereignisse. zur erinnerung: im arbeitsjahr 2010 hatten wir allein drei verschiedene landeskulturreferenten. und auch sonst blieb so mancher stein nicht auf dem anderen.

christa ecker-eckhofen stellt zur zeit im gleisdorfer „einraum“ aus (rechts malerin irmgard hierzer)

am freitag darauf demissionierten ecker-eckhofen und michaela zingerle formell, um sich anderen aufgaben zu widmen. was tut sich sonst so?

die LEADER-kulturprojekte quer durchs land sollten sich ja inzwischen weitgehend konsolidiert haben. aber die umfassende finanzkrise der steiermark mit ihren rüden auswirkungen auf die welt der kommunen machen es für uns natürlich nicht gerade leichter, der kunst stabile positionen zu erarbeiten.

michaela zingerle (links) und christa ecker-eckhofen bei der übergabe der vereinsunterlagen

es scheint sich nun einzulösen, was über einige jahre im „april-festival“ schon absehbar gewesen ist. die aktuelle struktur mit dem „kern-team“, den autonomen „location crews“ und ihren schlüsselpersonen, sowie einer „labor-gruppe“ gewinnt nun an jener balance, die auch für eine zukünftige kooperation sehr unterschiedlicher leute nützlich sein sollte.

bürgermeister werner höfler ist nun unsere ansprechperson für belange der „kleinregion gleisdorf“

wir dürfen also annehmen, daß es auf dieser ebene gelingt, selbst unter erschwerten bedingungen weiterzumachen. inzwischen hat sich die kleinregion gleisdorfschon einmal ansatzweise auf diesen modus eingelassen und uns bürgermeister werner höfler (hofstätten) als zuständige ansprechperson genannt.

das trifft sich vorzüglich mit der absicht des gleisdorfer kulturreferenten alois reisenhofer, einige aktionslinien zu entwickeln, die eine klare REGIOALE dimension haben. so stellen wir vergnügt fest, daß einige türen offen sind und interessen zunehmen, neben den primären agenda – quasi vor der eigenen haustüre – nun auch verstärkt regionale optionen des kulturgeschehens zu überprüfen und einzelne varianten der umsetzung zu erproben.

ich denke, wir haben gute gründe, das behutsam anzugehen. wir müssen ja überhaupt erst einmal herausfinden, wie sich eine situation praktisch bearbeiten läßt, wenn wir aus dem „alten muster“ der verhältnisse aussteigen …

— [april-festival] —

wir dürfen keine rache nehmen, wir dürfen nicht töten!

wir können nicht darüber reden und wir können nicht darüber schweigen.

da tritt jemand in meiner nachbarschaft öffentlich für die wiedereinführung der todesstrafe ein. das zieht eine kleine flut von zustimmung nach sich. ich lese kaum einwände. der großteil der telepräsenten community schweigt überhaupt zur sache, geht einfach darüber hinweg.

ich war schon lange nicht mehr so niedergeschlagen wie in diesen tagen. exponierte regionale persönlichkeiten loben diese demokratie ob der herrschenden meinungsfreiheit. fein!

leider wird vergessen anzuführen: „wie bemerkenswert, daß jemand sich öffentlich so zur todesstrafe äußern kann, aber ich muß einen energischen einspruch vorbringen, denn dieser wunsch ist völlig unakzeptabel und mit vielen grundsätzen dieser gesellschaft völlig unvereinbar!“

mich regt inzwischen schon weniger auf, daß ein bürgermeister sich so geäußert hat, sondern daß ihm kaum wer widerspricht … und welche art an zuspruch er in dieser frage erhält. ich nehme zur kenntnis, daß in solchen momenten mehr schweigen herrscht, als die sache erlaubt (und als ich ertrage).

vukovar, nur wenige fahrstunden von hier entfernt, könnte uns erinnern, wie leicht das morden plötzlich werden kann, wenn eine gesellschaft den halt verliert …

vor wenigen tagen, genau: am 22. februar, bin ich auf meinem weg in den süden erneut durch das kroatische vukovar gefahren. dort hat vor einigen jahren ein beispielsloses morden geherrscht. wir vergessen gerne, daß moralische schranken schlagartig einbrechen können, falls wir nicht über jahre ein kulturelles bollwerk gegen das töten errichtet haben.

wir täuschen uns selbst, wenn wir uns vormachen, diese art der gewalt könne nur „die bösen“ treffen. das ist eine törichte phantasie. wie grauenhaft das erwachen aus dieser illusion werden kann, mag man sich von unseren südslawischen nachbarn erzählen lassen. in vukovar, in omarska, in kosarac, in racak …

wenn wir das töten freigeben, und sei es auch nur für wenige, bringen wir uns selbst in gefahr, unsere kinder und enkel. schauen sie, wohin sie wollen, schauen sie vor allem in länder, wo die todesstrafe noch praktiziert wird. es läßt sich nicht beweisen, daß dort die kriminalitätsraten signifikant geringer wären als sonst wo. aber das leben der menschen ist dort weniger wert …

ich widerspreche allen, die gute gründe zu haben glauben, für welche fälle auch immer die todesstrafe anwenden zu wollen. und ich frage vor allem jede und jeden von ihnen: würden sie selbst hand an den delinquenten legen? welche tötungsart würden sie bevorzugen, um jemanden zu ermorden?

— [der bezugspunkt] —
— [das thema] —

unter strom stehen

wir hocken in der „energie-region“, sind ein bissl außer atem, weil es über mehrere monate ein ziemliches gerenne gewesen ist, damit uns in diesem kulturprojekt nicht der saft ausgeht, nun wüßte ich gerne, wo ich schnell meine batterien aufladen kann; ein liegestuhl und zimmerservice wären auch nett, aber dazu fehlen jetzt einfach zeit und mittel.

sie merken schon, ich bin nicht ganz ernst aufgelegt, obwohl der stand der dinge eine ernste angelegenheit ist und der lauf der dinge mir durchaus zu schaffen macht. dann habe ich aber auch meine freude am status quo, weil es bisher gar nicht so öd werden konnte, daß nicht auch einige menschen durch ihr engagement zeigen, wie für alle mehr rausschaut, wenn einige konsequent zusammengreifen.

"kunst ost"-aufkleber; eine idee von christian strassegger

ein beispiel: fotograf christian strassegger hat mir gerade diese witzige lösung eines motivs für einen „kunst ost“-aufkleber zukommen lassen. tja! woher kommt der strom? und woher kommen die ideen? und wie schaffen wir es, dem kulturbetrieb die nötigen strukturen zu erhalten, wo doch so viele leute leichtfertig dahinfragen: „za wos brauch ma des?“

ich kann es ja gerne erklären. belassen wir es augenblicklich bei der kurzform; mit folgender gegenfrage: „genügt ihnen der arbeitsalltag, also ein leben von dienstbeginn bis dienstschluß? oder darf es im leben auch sonst noch um etwas gehen?“ (autsch! ich bin heute einfach zu polemisch gestimmt.)

elisabeth wiedenhofer ist beim kommenden "april-festival" die "schlüsselperson" für die gutenberger gruppe aus gutenberg

themenwechsel! menschen mit engagement. da wäre zum beispiel elisabeth wiedenhofer, die sehr spontan und ohne viel umschweife die verantwortung für eine komplette „location crew“ übernommen hat. so ist im rahmen des kommenden „april-festivals“ der „tag der agrarischen welt“ auch mit einem satten künstlerischen beitrag ausgestattet.

wir haben dieses prinzip der „location crews“ im vorjahr eingeführt. der sinn liegt darin, daß wir zwar kooperations-situationen mit verschiedenen kleingruppen zustande bringen, die über einzelnen „schlüsselpersonen“ mit uns für das jeweilige vorhaben verbunden sind, daß aber INNERHALB der jeweiligen „location-crew“ autonomie herrscht, was meint: da reden wir den leuten nicht drein, wie sie ihren part gestalten.

das bedeutet auch: wer konkrete verantwortung übernimmt, hat auch entscheidungsgewalt; wie zum beispiel im fall von elisabeth wiedenhofer: sie ist sozusagen die verwalterin der „programmhoheit“ für die „location wetzawinkel“.

das sind wichtige details, denn es hat sich hier gezeigt, was auch irmgard hierzer als „schlüsselperson“ einer gleisdorfer „location crew“ erlebt hat: man gerät mitunter an kreative, die nur ihren eigenen vorteil im auge haben und darin durchaus geneigt sind, die entscheidungen einer „schlüsselperson“ auf umwegen aushebeln zu wollen …

so würde eine kollektive anstrengung für einzelne zum „selbstbedienungsladen“. ich sehe das in der geschichte von „kunst ost“ nicht zum ersten mal. und ich werde nicht zum ersten mal das „riff“ sein, an dem solche ego-touren steckenbleiben …

— [april-festival] —

schock-allianz #2

was für tage! ich bin noch stark unter dem eindruck der jüngsten serbien-reise, wo wir unter anderem die nächsten schritte für die schock-allianz debattiert haben. eine prozeßhafte kooperation verschiedener kunst-inititiativen, bei unseren südslawischen nachbarn allerdings stark geprägt von den bedingungen einer post-kriegs-gesellschaft.

doch wie bei dieser reise, so hab ich auch davor, während der besuche in bosnien und im kosovo, unmißverständlich erfahren: die traumata sind realität, aber niemand kann sich längerfristig über gesellschaftliche defizite und die radikalen erlebnisse im krieg definieren. also ist da ein massives ringen um perspektiven und um neue möglichkeiten. (siehe dazu auch: jenseits der zentren!)

im ersten beitrag zur "schock-allianz": der fotograf gerhard gross (hier in gornji milanovac), zur abwechslung einmal als objekt einer ausstellung

das bedeutet unter anderem, und das verbindet uns auf jeden fall, daß wir strategien suchen und erproben, wie ein zeitgemäßes kunstgeschehen sich behaupten kann, wie es wenigstens etwas boden sichern kann, wenn die ressourcen und rahmenbedingungen dafür sich verschlechtern. unser österreichischer einstiegsbeitrag zu diesem projekt greift das motiv der „verschwundenen galerie“ auf.

das bedeutet, die exponate stecken in einer kiste, die ganze ausstellung ist in den „privaten raum“ verfrachtet, dem öffentlichen raum entzogen, und nur über das web bekommen man einblick, wovon die ausstellung handelt. [link]

wäre die kiste öffentliche zugänglich, könnte man wenigstens durch seitliche „bullaugen“ einen blick auf den inhalt erhaschen. so aber ist die künstlerische vermitllungsarbeit zwar nicht völlig stillgelegt, doch mangels ressourcen dem öffentlichen leben vorenthalten.

der russische künstler sergey yugov im kontext des ursprungsprojektes

ich habe diese verfahrensweise 2003 entwickelt, um damals (im rahmen von „graz 2003: kulturhauptstadt europas“) auszudrücken, daß wir jenseits der zentren praktisch keine adäquaten räume zur vermittlung von kunst, spezielle bildender kunst, haben. dieses defizit hat sich zwar punktuell etwas gemildert, doch aktuell sind diese zarten strukturen schon weider bedroht. hier ein kleiner überblick der 2003er-sessions: [link]

nun gehen wir mit unseren südslawischen nachbarn daran, aktuell auszuloten, was uns an möglichkeiten und handlungsspielräumen bleibt, zwischen „low budget“ und „no budget“ die dinge voranzubringen; und zwar ganz unabhängig davon, ob momentan eine reale kulturpolitik uns dabei entgegenkommt oder auf distanz hält.

ich denke, aus diesen erfahrungszusammenhängen heraus lassen sich dann auch unsere positionen gegenüber der politik neu entwerfen. (siehe dazu auch: das kühle extrazimmer #7!)

— [schock-allianz #1] —