Archiv für den Tag: 21. März 2011

talking communities #5

die worte sind nicht das, was sie bezeichnen. also können wir die dinge ganz beliebig benennen. nichts zwingt uns, an bestimmten begriffen festzuhalten. aber wenn in meinem umfeld nicht bekannt ist, was ich mit welchen worten bezeichne, haben wir ein verständigungsproblem.

kaum ein bereich menschlicher selbstvergewisserung entfaltet sich so radikal zwischen derlei übereinkünften und deren möglichen gegenteilen, wie die kunst. damit meine ich, nie sind wir uns der bedeutungen und der begriffe sicher. genau darin liegen die möglichkeiten für enorme erfahrungen.

diese wunderbare unschärfe mag in den bereichen der künstlerischen praxis und der kunstrezeption vorrangig sein. für fragen der kunstvermittlung und der kulturpolitik brauchen wir es temporär meist etwas genauer.

ich betone das temporäre, weil ich darauf bestehen muß, daß keine der übereinkünfte in dieser sache als zeitlos festgeschrieben gelten darf. wir haben stets neu zu verhandeln, was womit gemeint sei.

medienkünstler niki passath eröffnet unsere serie "was sagen kunstwerke?"

dieser grundlegenden forderung (für eine zeitgemäße kulturpolitik) ist unsere reihe „talking communities“ gewidmet. sie hat vorerst zwei bereiche, die einander ergänzen sollen.

den einen bereich bespielen wir mit der reihe „was sagen kunstwerke?“. dazu laden wir kunstschaffende ein, sich mit einem interessierten publikum über ein konkretes werk aus ihrem oeuvre auseinanderzusetzen.

das geschieht heuer erstmals im rahmen des „april-festivals“, wo medienkünstler niki passath sich bereit erklärt hat, den auftakt zu übernehmen.

heimo steps, derzeit vorsitzender des steirischen förderbeirates, wird bei unserer "konferenz in permanenz" einige grundlagen der kulturpolitik darlegen

den zweiten bereich lösen wir über debatten zu verschiedenen teilthemen ein. dazu hat sich heimo steps bereit erklärt, mit uns die intentionen des landeskulturförderungsgesetzes zu erörtern. (steps hat vor einiger zeit grundlagen zum aktuellen steirischen gesetz erarbeitet. er leitet momentan den steirischen förderbeirat.)

wir werden also gelegenheit finden, aus erster hand zu erfahren, wie solche fragen im bereich von politik und verwaltung behandelt werden. in summe liegt mir daran, daß wir über gesprächssituationen und laufende diskurse klären, in welchen konkreten zusammenhängen sich unser kulturelles engagegment und künstlerisches tun entfaltet.

— [talking communities] —
— [april-festival] —

kunst ost in der praxis

durch welche verfahrensweisen läßt sich für den kulturbereich in der heutigen situation terrain halten? wir haben gerade erlebt, wie radikal sich der rückzug der öffentlichen hand vollzieht, wenn budgets einbrechen und strukturen wanken.

das aktuelle krisenmanagement war für uns überhaupt nur mit privatem einsatz von arbeitskraft und geld zu bewältigen. ansonsten wäre „kunst ost“ nun den bach hinuntergegangen. für mich schien vorrangig, das heurige „april-festival“ zustande zu bringen. das ist nach innen eine prüfung, was unser konzeptioneller arbeitsansatz taugt.

medienkünstler niki passath ist beim kommenden "april-festival" unser erster gast in der neuen diskussions-reihe "was sagen kunstwerke?"

nach außen soll es ein signal sein, das den verantwortlichen aus politik und verwaltung demonstriert, was das kollektiv zu leisten imstande ist; inhaltlich und in der umsetzung. da bewährt sich nun jener prozeß aus mehreren jahren, in dem wir klären konnten, was alles NICHT geeignet ist, einen modus kollektiver kreativität voranzubringen.

dank dieser praktischen erfahrungen können wir uns heute in hohem maße auf jene schritte konzentrieren, die sehr vielversprechend erscheinen.

wir haben 2006 begonnen, ein setup herauszuarbeiten, welches aktuell stabilität bringt, wo sich in den letzten monaten – mangels verfügbarer budgets – einige mögliche kooperationspartner schlagartig verflüchtigt haben.

es war wichtig, für „kunst ost“ eine neue „basis-crew“ zu formieren, die sich so einer aufgabe gewachsen sieht, und – wie erwähnt – das „april-festival“ 2011 sicherzustellen. eine idee, ein handlungsplan, etwas geld und einige engagierte leute, die auch bereit sind, unbezahlte arbeit einzubringen.

das hat sich als leistungsfähige „grundausstattung“ erwiesen, um den aktuellen umbruch zu bewältigen. von hier aus sollte sich ein status erarbeiten lassen, der einen passablen mix von ehrenamtlicher und hauptamtlicher kulturarbeit ermöglicht.

das packen wir vor dem hintergrund einer mittefristigen entwicklung des inhaltlichen horizonts, dem sich „kunst ost“ widmet, an. das bedeutet, aus dem erst skizzenhaft entworfenen themenbogen „zwischen landwirtschaft und high tech“ haben wir nun konkrete inhaltliche arbeitsansätze, die von sehr verschiedenen personen mitgetragen werden.

sach-promotoren im umfeld von "kunst ost" (von links): tierarzt karl bauer, volksmusikant christian nell und kamillo hörner vom "volksbildungswerk steiermark"

ich habe die ganze situation am denkmodell der „drei sektoren“ orientiert. dabei ist keine hierarchische anordnung vorgesehen. ziel dieser orientierung ist eine kooperation von sachkundigen leuten aus den drei sektoren staat, markt und zivilgesellschaft. also
1) politik und verwaltung,
2) wirtschaft und
3) kulturschaffende als einzelpersonen wie als teil von vereinen.

das aktuelle „april-festival“ bildet diese vorstellung schon sehr konkret ab. die inhaltliche entwicklung haben wir in rund einem dreiviertel jahr kontinuierlicher themenarbeit realisiert: [link]

zur „basis-crew“ (krusche, peitler-selakov & strassegger-tipl) kamen heuer autonome „location-crews“ und (aktuell in erprobung) einige „labor-gruppen“. in dieser situation kommt den verantworlichen „schlüsselpersonen“ eine wesentliche rolle zu: [link]

sie sind nicht nur bindeglieder zwischen der „basis-crew“ und den verschiedenen autonomen formationen eines größeren vorhabens, sie sind auch garanten für eine vielfalt in den zugängen und verfahrensweisen.

das bedeutet, wir nehmen die „praxis des kontrastes“ sehr ernst. und wir sind gestimmt, die vereinbarkeit dieser komtraste zu demonstrieren. das bezieht sich übrigens auch auf die vier genres, die wir integrieren: alltagskultur, kunsthandwerk, voluntary arts und gegenwartskunst [link]

überdies haben wir, was die annäherung zwischen kulturschaffenden und wirtschaftstreibenden angeht, auch einen modus entwickelt, der sich inzwischen als sehr tragfähig erweist … siehe dazu den beitrag im licht zu kontrasten„!

— [april-festival] —
— [übersicht] —