Herta Tinchon wurde 1931 in Gleisdorf geboren, wo sie die ersten Jahre ihrer Kindheit in einer Gastwirtschaft, dem heute noch bestehenden Gasthof Wurm, aufgewachsen ist. Es sei ein ständiges Suchen, sagt Tinchon. Themen? Farben? Ausdruck? Alles! „Meist hab ich eine Vorstellung, die ich ansteuere, aber dann bekommt es seine eigene Dynamik.“
die gleisdorfer malerin herta tinchon, in ihrem dasein als künstlerin eindeutig mit einem jüngeren geist ausgestattet als so manche junge kreative der region
So entstehen ihre Werke; im günstigsten Fall oft ohne weitere Fragen, ohne rationale Entwicklungsarbeit. „Wenn es so fließt, da bin ich einem anderen Zustand. Da weiß ich dann vom Anfang bis zum Ende, wie es geht.“
Tinchon behält sich bis heute vor, mit neuen Möglichkeiten zu experimentieren. Während ihr Werk von großformatigen Gemälden dominiert ist, tauchen zwischendurch Arbeiten auf, die als mit dem Computer verarbeitete Bilder erkennbar sind. Dabei kann es vorkommen, daß Tinchon Momente aus Spielfilmen, also „Screenshots“, zum Ausgangspunkt dieser Werke gemacht hat oder andere Impulse aufgreift, digitalisiert, verwertet.
ida kreutzer, deren ausstellung „women“ momentan im gleisdorfer „einraum“ zu sehen ist, sagte in einem interview: „Außerdem finde ich es interessant, dass Frauen, wenn man sie zum ersten Mal fotografiert, immer wieder versuchen werden, süß, sexy oder attraktiv auszuschauen. Das hat mich angespornt, hinter diese Kulisse zu gelangen und die Persönlichkeit – soweit dies möglich ist – zu fotografieren.“ [quelle]
ida kreutzer bei ihrer vernissage in gleisdorf
dieses hinter die kulissen blicken als grundlage künstlerischer praxis fürht dann auch in ganz andere winkel unserer kultur. so wird kreutzer als experimentalbäckerin ein set beim kommenden „april-festival“ bestreiten, zu dem sich anschließend der medienkünstler und robotiker niki passath gesellt.
es geht uns um einen kühnen genre-mix, in dem keine hierarchischen konzepte weitergeschrieben werden, was zu ärgerlichen verengungen führen müßte. wir ringen um einen praktikablen modus, in dem verfahrensweisen kombiniert werden, die vormals innerhalb eines „bürgerlichen bildungskanon“ eher streng getrennt waren.
in der debatte (von links): bernhard kober, winfried lechner und karl bauer
bei der aktuellen ausstellungseröffnung habe ich in einem der gespräche ein sehr anregendes statement erhalten. winfried lechner, architekt und einer der geschäftsführer von „ingenos.gobiet“ meint: „das ergebnis ist der tod der entwicklung.“
eine radikale überlegung als gebot, sich unverzüglich die nächsten schritte vorzunehmen, wenn man gerade bequem auf einem zwischenergebnis sitzt.
gutenberg ist eine der nördlichen gemeinden der „energie-region“. werner höfler, bürgermeister die südlichsten gemeinde in der „energie-region“, nämlich höfstätten, hatte uns zugestimmt: es wäre eine interessante geste, die kunstschaffenden von gutenberg nach wetzawinkel einzuladen. siehe dazu: „zwischen landwirtschaft und high tech“!
damit ist auch der größere themenrahmen genannt, innerhalb dessen wir darangehen, längerfristig auszuloten, was denn diese region in ihrem kern ausmache, eben: „zwischen landwirtschaft und high tech“. ich habe dabei im tierarzt und gleisdorfer kulturausschuß-mitglied karl bauer einen sachkundigen kooperationspartner zur seite.
karl bauer (links) im gespräch mit kunstschaffenden von gutenberg
wie bezeichnend, daß sich im auftaktgespräch jene zwei positionen zeigten, zwischen denen dann auch ganz andere zugänge sichtbar wurden: hier die bäuerin, die von ihrem arbeitsalltag sagt: „in der landwirtschaft gibts’s so viele sachen, die nicht sichtbar sind.“ mit ihrer künstlerischen arbeit macht sie dann ganz andere erfahrungen.
bürgermeister thomas wild schätzt das künstlerische engagement der runde, auch indem er es praktisch unterstützt
da die vormalige industriearbeiterin (trafo-bau), die erzählt, daß die künstlerische tätigkeit für sie eine wichtige möglichkeit war, zur harten arbeit des alltags einen gegenpol zu haben, abschalten zu können. künstlerische praxis als das feld, das man betritt, um das reich der alltagsbewältigung zu verlassen, um etwas über sich und die welt herauszufinden …
das war der auftakt mehrerer arbeitsgespräche, in denen sich die gutenberger über einen möglichen beitrag, ein gemeinsames künstlerisches statement zu unserem „tag der agrarischen welt“ beim „april-festival“ 2011 verständigen wollen. das ist keine fixe formation in der kleinen gemeinde nahe weiz, sondern eine sehr kontrastreiche runde kreativer menschen, die sich gelegentlich über gemeinsame interessen verständigen.
ich war voriges jahr aus dem zentrum der „energie-region“ vom obmann informiert worden, daß die „schlossfestspiele stadl“ als LEADER-kulturprojekt eingereicht werden würden. der zuständige ausschuß auf landesebene lehnte das projekt heuer ab. ulla patz, leitende redakteurin der „kleinen zeitung“ in weiz, faßte den status quo unter dem titel „was das land fördert“ zusammen: [link]
das könnte ein anregender anlaß für eine debatte über regionals kulturgeschehen sein. ich hab die angelegenheit in unserem projekt-logbuch kommentiert: [link] und überdies frau patz einige zusammenhänge aus meiner sicht erläutert. (meine mail an ulla patz finden sie hier am ende dieses eintrags.) sie hat diese post nun im blatt aufgegriffen: [link]
heimo steps, derzeit vorsitzender des steirischen förderbeirates, wird bei unserer "konferenz in permanenz" einige grundlagen der kulturpolitik darlegen
ich halte es für erfeulich, daß in der „kleinen“ offenbar platz ist, um einige kulturpolitische fragestellungen in den öffentlichen diskurs zu bringen. entsprechend hoffe ich, daß andere akteurinnen und akteure dieses bereiches sich nun äußern werden.
es wäre von vorteil, wenn so die teilweise sehr kontrastreichen (kulturpolitischen) optionen einmal auf den tisch kämen, um eine grundlage zu schaffen, auf der erste schritte für eine REGIONALE KULTURPOLITIK zu gehen wären, die jeweils eben NICHT an orts- und gemeindegrenzen enden.
kleiner einschub:
ich habe heimo steps, den derzeitigen vorsitzenden des förderbeirates, der das stadl-projekt abgelehnt hat, für eine „konferenz in permanenz“ eingeladen, er hat uns sein kommen zugesagt. da werden wir einige grundlagen der kulturförderung mit ihm erötern können: „talking communities“ [link]
ein querverweis:
im süden der region machen wir gerade positive erfahrungen, wie sich so ein temporäres zusammengreifen anfühlen kann, wo sich plötzlich bürgermeister, gemeinderäte, kulturbeauftragte und sogar unternehmer mit künstlern und kulturschaffenden an einen tisch setzen, um sich über mögliche kooperationen zu verständigen. siehe dazu die übersicht unseres „april-festivals“! [link]
Betreff: Was das Land fördert
Von: der krusche
Datum: Thu, 03 Feb 2011 11:59:04 +0100
An: ulla.patz (kleine zeitung)
werte frau patz!
zu ihrem artikel „Was das Land fördert“: das betrifft GESAMT ja eigentlich ZWEI ganz verschiedene fördermöglichkeiten im land steiermark.
a) die herkömmliche landeskulturförderung, zu der man wie gewohnt einreichen kann und
b) die zeitlich limitierte LEADER-kulturschiene, die mit der leader-förderperiode bald endet und die ein ganz eigenes regelwerk hat.
einreichungen müssen für BEIDES aber im kulturauschuß behandelt werden.
obmann chr. stark hatte mich vor der jahreswende informiert, daß die stadl-festspiele als LEADER-projekt eingereicht würden.
da hätte man freilich von hausaus wissen können, daß die chancen extrem gering bis nahe null sind, weil dort die zuständige referentin der kulturabteilung ganz unmißverständlich klar gemacht hat: es geht bei der leader-kulturschiene hauptsächlich um GEGENWARTSKUNST.
darin hat sie auch konsens mit dem zuständigen referenten der abteilung 16. das wäre NACH dem regionalen lenkungsausschuß die folgende instanz. und dieser instanz folgt eben der ausschuß, der das stadl-projekt offenbar abgelehnt hat.
bliebe also die generelle steirische förder-schiene, die ja allen kulturschaffenden zugänglich sein muß. aber hat man halt die landesweite, harte konkurrenz sehr viel größerer einrichtungen, die dieses genre (operette & musical) pflegen.
wir alle kannten die aktuellen leader-präferenzen seit märz 2010 sehr genau … bei jener konferenz waren ja auch die leader-managements vertreten: [link]
damals mußte also dem management klar sein, daß operette eher nicht gehen wird. ab MAI 2010 wußten alle professionals des steirischen kulturgeschehens: zur jahreswende hin wird es einschüchternde budget-einbrüche geben: [link]
diese headline — „die abrissbirne scheingt bereits“ — hat uns allen klar signalisiert: wer jetzt keine zukunftsweisenden konzepte hat bzw. bloßn dinge vorhat, die im kielwasser herkömmlicher vorhaben liegen, wird beim land kaum ein budget abholen können. da waren also z.b. die tagung mit vollath in graz und in weiz: [link]
nun ist es ja keineswegs so, daß all diese entwicklungen besagen: hier gehts NUR gegenwartskunst, vergessen wir den rest. nein!
es gäbe eine reihe von optionen, in der regionalen kulturpolitik verschiedene genres zu KOMBINIEREN und so ein paar ereignislinien zu entwickeln, die quer durch die region reichen, die gemeinsam eine größere KO-finanzierung aus verschiedenen förderschienen ermöglichen würden.
EINE voraussetzung dafür wäre halt, daß diverse orts-honoratioren endlich aufhörten, nur für die eigene gemeinde zu denken und zu handeln und daß sich erfahrene leute an einen größeren tisch setzen.
in der praxis dominiert derweil noch der modus: kriegt der eine was, wird der andere ihn dafür hassen.
das ist natürlich ein sicherer weg, die entwicklung der REGION in den aktuellen krisenlagen zu BREMSEN, statt zu fördern.
viel smarter wäre dagegen wohl, wenn die zuständigen funktionstragenden sich einmal aufraffen könnten, arbeitsedingungen anzubieten, in denen sich PROZESSHAFT erarbeiten ließe:
+) was sind KULTURPOLITISCHE zielsetzungen für die REGION, auf die wir uns einigen könnten?
+) welche rahmenbedingunen und welche mittel wären dafür nötig?
+) wer könnte in der prakischen umsetzung dann welche nötigen kompetenzen abdecken?
+) wie könnte eine wache REGIONALPOLITIK so einen prozeß begleiten, fördern und sichern?
+) damit nämlich die SACHPROMOTOREN mit den MACHTPROMOTOREN der region zusammenfinden und in der praxis LERNERN, wie eine längerfristige kooperation sehr verschiedener charaktere funktionieren könnte.