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In historischem Rahmen…

Mit einem Blick auf die Vergangenheit läßt sich manches in der Gegenwart passabel deuten, um so zu brauchbaren Überlegungen für die nahe Zukunft zu gelangen.

Was die “Energie-Region“ sei, der wir mit kunst ost als LEADER-Projekt angehören, wird noch in vielen Details genauer zu erörtern sein. Eines der dominanten Themen ist, obwohl es öffentlich kaum zur Debatte steht, der Bereich Individualverkehr. [Die Energie-Region Weiz-Gleisdorf]

10. Mai 2012: Buchpräsentation im Johann Puch-Musuem (Foto: U. Rauch)

Das „Kuratorium für triviale Mythen“ ist jene Formation bei kunst ost, die sich nun schon eine Weile mit dem komplexen Thema Mobilitätsgeschichte befaßt. Der „Generalfetisch“ dieser Geschichte ist das Automobil, wie es bei uns erst nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem breiter erschwinglichen Konsumgut, schließlich auch zum Kultobjekt wurde.

Die Steiermark in ihren historischen Dimensionen und ihr Zentrum Graz bieten dabei eine exemplarische Geschichte, die vom späten 19. Jahrhundert ungebrochen bis in die Gegenwart reicht. Einer der Hauptstränge dieser Geschichte ist die Biografie des Johann Puch, der vom Keuschlerbuben zum Fabrikanten aufstieg, der ein Pionier der Massenmotorisierung war.

Rechts: Techniker Michael Toson (Foto: U. Rauch)

Er ist bei seinem Tod jünger gewesen als ich es heute bin. Sein umfassendes Werk, das er mit geradezu einschüchterndem Tatendrang realisiert hat, entfaltete eine Wirkung, die nun bald hundert Jahre über seinen Tod hinausreicht und dessen Spuren noch in der Gegenwart leicht zu finden sind.

Wir haben diese Zusammenhänge vor einer Weile aufgegriffen und uns aktuell über die Produktion eines Albums („Puch-Buch“). dem gesamten Komplex angenähert; Michael Toson, Jörg Vogeltanz und ich.

Als Kulturschaffende haben wir es zum Teil mit Arbeit an symbolischen Gehalten zu tun. Das ist eine Befassung mit Bedeutungen und mit Codes. So bemühten wir uns nun darum, im vormaligen „Einser-Werk“ von Johann Puch einen Akzent zu setzen; genauer: in der „Halle P“, dem letzten Fabriksgebäude, das noch aus seiner Lebenszeit stammt.

Links: Sandra Kocuvan (Kulturabteilung des Landes Steiermark), rechts: Winfried Lehmann ("kunst ost", Foto: U. Rauch)

Im Jahr 1900 baute Puch sein erstes Automobil, erprobte es auf dem Grazer Schloßberg. Wenige Jahre später war sein Betrieb im „Einser-Werk“ (in der heutigen Puchstraße) eine fixe Marktgröße. Fahrräder, Motorräder, Automobile, damit machte nach seinem Tode (1914) der wachsende Konzern Steyr-Daimler-Puch erneut Furore. Mit dem nun seit rund 30 Jahren produzierten Geländewagen Puch G ist die Marke bis heute präsent, den Begriff „Puchwerke“ finden Sie immer noch auf Wegweisern.

Magna Steyr, worin mehr als hundert Jahre wechselhafter Konzerngeschichte aufgegangen sind, betrieb in der „Halle P“ zuletzt eine Fachwerkstatt für seine Allradfahrzeuge, den Puch G und die diversen Pinzgauer-Modelle.

Die „Halle P“ des "Einser-Werkes" von Johann Puch

Nun übersiedelt gerade das Johann Puch-Museum Graz in dieses geschichtsträchtige Gebäude. Im Juni 2012 wird regulär wiedereröffnet. Aber schon jetzt konnten sich Interessierte vor Ort etwas umsehen und einen Teil der neu geordneten Sammlung in Augenschein nehmen.

Anlaß dafür war die Präsentation unseres Albums („Puch-Buch“). Ich hab darin den Gesamtzusammenhang skizziert, Techniker Michael Toson die wichtigsten Fahrzeuge nach 1945 als Bastelbögen erarbeitet. Graphic Novelist Jörg Vogeltanz lieferte dazu das Artwork, um dem Album eine spezielle optische Erscheinung zu geben. So entstand ein kurioses Dokument jener Geschichte.

Unsere Session am 10. Mai 2012 war die erste öffentliche Veranstaltung in dieser Halle, nachdem die Industriearbeit und das Mechanikergeschäft daraus gewichen sind. Der Auftakt eines nun kulturellen Geschehens, dessen Hauptereignis freilich das Johann Puch-Museum Graz ist.

+) Das „Puch-Buch“ [link]
+) Die Veranstaltung [link]
+) Das „Kuratorium für triviale Mythen“ [link]
+) „Vision 2050“ [link]

Sozial- und Mobilitätsgeschichte greifbar

Wer meiner Generation angehört, hat vielleicht noch eine ferne Erinnerung, daß die Anschaffung eines Fahrrades an besondere Anlässe gebunden sein konnte und der Besitz eines Autos keineswegs selbstverständlich war. In meinem Milieu waren Gebrauchtfahrzeuge üblich.

Aus einem Inserat von 1955

Zwei Kräftespiele dominierten in den 1970ern unseren Alltag und fanden ihre Fetische wie ihren Ausdruck in der Motorisierung: Individuelle Mobilität und sozialer Aufstieg. Das lief entlang einiger struktureller Details, die zuerst im „trauten Heim“ abgehandelt wurden. Auf dem Weg in eine Wohnung mit „richtigem Badezimmer“ kamen wichtige Maschinchen gewöhnlich in genau jener Reihenfolge daher: Kühlschrank, Waschmaschine, Fernsehgerät.

Aus einem Inserat von 1957

Eine Standardversion der Nachkriegmobilisierung hatte die Abfolge Fahrrad, Moped/Motorroller, Kleinwagen. Dank der in Österreich sehr erfolgreichen Marke Puch waren in diesem Teil der Geschichte auch Motorräder verfügbar, die nicht gar so teuer gewesen sind wie die großen BMW, NSU, Matchless oder Triumph.

Diese sozialgeschichtliche Entwicklung hat inzwischen zu einem vorher nie dagewesenen Wohlstand in unserer Gesellschaft geführt, dessen Annehmlichkeiten allerdings spätestens seit 2008 merklichen Bedrohungen ausgesetzt sind. Zugleich hat das Thema Individualverkehr zu einer Reihe von infrastrukturellen und ökologischen Problemen geführt, die wir nicht ignorieren können.

Als Kulturinitative ist kunst ost vor allem soziokulturellen Themenstellungen gewidmet, wobei der Kunst ein gewichtiger Stellenwert eingeräumt wird. Zu unserem Engagement gehört aber auch Diskursarbeit, denn über die Debatten relevanter Themen wird heute das generiert, was wir uns unter „öffentlichem Raum“ vorstellen dürfen.

Die „Halle P“ im Grazer „Einser-Werk“, welche noch zu Lebzeiten von Johann Puch erbaut wurde

Aus solchen Zusammenhängen ergibt sich nun auch eine kleine Kooperation mit dem Johann Puch-Museum Graz. Dieser Ort ist ein Umschlagplatz für Details der hier skizzierten Geschichte seit wenigstens 1900, in einigen Aspekten noch ein Stück zurück in das 19. Jahrhundert reichend. Im Augenblick hat kunst ost begonnen, für das Museum eine Facebook-Präsenz aufzubauen und redaktionell zu betreuen.

Da können sich also Facebookies schon einen ersten Eindruck verschaffen, welche Stoffe in jener Halle greifbar werden, die noch zu Lebzeiten des Johann Puch gebaut wurde.

Das Johann Puch-Museum Graz auf Facebook: [link]

Avantourismus: Die kommende Puch-Buch-Präsentation

Das April-Festival ist vorzüglich angelaufen: [link] Derweil ist allerhand Hintergrundarbeit fällig. Die Abrechnung von Projekten, neue Einreichungen wollen vorbereitet sein. Weitere Umsetzungsschritte sind fällig. Karlheinz Rathkolb, Hausherr des Grazer Puch-Museums, hält hier unser Album schon in Händen. Hinter ihm die Halle P, noch nicht öffentlich zugänglich. Das Museum ist eben in jene historische Halle übersiedelt, die noch zu Lebzeiten von Johann Puch gebaut wurde.

Karlheinz Rathkolb, Leiter des Grazer Johann Puch-Museums

Wir werden unser „Puch-Buch“ [link] mit der Historie und den Bastelbögen bedeutender Nachkriegsfahrzeuge dort am 10. Mai präsentieren. Damit hat das „kuratorium für triviale mythen“ bei kunst ost einen markanten Akzent zum Thema Mobilitätsgeschichte gesetzt.

Das große Thema behandeln wir auch am 14. April bei einer Station des April-Festivals in Weiz, wo ich in der Geschichte sehr viel weiter zurückgehen werde, um dann flott in die Gegenwart zu führen: [link]

Bernhard Kober mit unserem Album

Bernhard Kober, einer der ersten Akteure unseres Kuratoriums, bietet das Album derzeit im Gleisdorfer Fachgeschäft für Modellbau an: [link] … neben der kleinen Einführung in die Geschichte der Spielzeugautos: [link] Die Publikationen sind für je neun Euro erhältlich.