Martin Krusche, politisch (Autor)

Krusche by Mayr

Na freilich stehe ich in der Frage nach politischen Positionen auch zur Verfügung. Was ich zu antworten habe, läßt sich anhand der Dichte meiner publizierten Glossen und Notizen leicht überprüfen.

Es mag Ihnen vielleicht ungewöhnlich erscheinen, womöglich etwas dubios. Ich stehe im Lager der Kunst.

Das will ich erläutern. Es ist weder abstrakt, noch ist es transzendenter als die ideologischen Konzepte etablierter Parteien.

Es funktioniert bloß grundlegend anders und ist nicht von Alltagsnützlichkeit bestimmt. Das bedeutet, es ist nicht auf vergleichbare Art praktisch, wie es viele politische Netzwerke des Landes sind. Was mich politisch geprägt hat, war allerdings von konventionellen Einflüssen bestimmt. Im Kontrast zur faschistischen Grundstimmung bei etlichen Leuten meines Clans hat mich die historische Sozialdemokratie wohl am meisten beeindruckt.

Das ist freilich ein geschichtliches Phänomen, wie ich es in der Gegenwart nicht wiederfinde. Einerseits diese generelle Orientierung auf eine zukünftige, neu zu entwerfende Gesellschaft hin, in der das Wesen von Untertanen, die Spuren der Feudalzeit und das Elend der frühen Industrialisierung getilgt sein soll.

Andrerseits die Kräftespiele aus Arbeiterbewegung, Bildungsbestrebungen und Frauenbewegungen, in einem klaren ringen um Gleichberechtigung aller und Verteilungsgerechtigkeit. Schließlich die Frontstellung gegen den Faschismus. Dann aber auch individuelle Momente. Persönlichkeiten wie Kolo Wallisch und seine Frau Paula…

Wo also stehe ich?
Das ist eben ein Stück Hintergrundfolie meines politischen Denkens. Doch im Lager der Kunst zu stehen macht einen konventionellen Parteiapparat überflüssig. Ich muß dabei auch eine anregende Verständigung mit Andersdenkenden weder einschränken, noch ausschließen.

In der heutigen Parteienlandschaft Österreichs weckt nichts mein Begehren. Aber ich schätze den Dialog mit Leuten aus allen Lagern, definitiv allen, gegebenenfalls auch weit rechts stehend, wenn simple Grundregeln als gesichert gelten.

Dialogfähigkeit ist unverzichtbar, Sachkenntnis ebenso, sonst brauche ich kein Gespräch. Die Abwertung Andersdenkender und eine menschenverachtende Sprache sind für mich völlig unakzeptabel.

Wo Kolportage und Zynismus statt eigene Ansichten und moderater Tonfall vorherrschen, brauche ich kein Gespräch. Ich halte es für einen Vorteil, wenn man auch Dissens als Anregung verstehen kann, statt an einer „Wahrheit“ herumzustümpern, die man durch das Eliminieren von Widersprüchen zu finden versucht.

Ich bin übrigens auch nicht bereit, mit Blick auf mein Metier ein Phantasma wie „Die Initiativenszene“ a) für real und b) für politisch relevant zu halten. Dieses fragmentierte steirische Feld verzichtet stellenweise auf Äquidistanz zu politischen Parteien und bemäntelt die individuelle Lobbyarbeit entsprechend.

Was gibt meine Position her?
Ich sehe mich auf durchaus romantische Art in der Tradition von Emile Zola. Der Autor und Intellektuelle, wie er sich sachkundig in öffentliche Debatten einbringt, ohne dafür eine Befugnis oder ein Mandat erhalten zu haben. Ein Ausdruck staatsbürgerlicher Selbstermächtigung. Das muß genügen.

Derlei ist übrigens kein künstlerischer Akt. Kunstpraxis ist etwas anderes. Ich ich setze für meine politische Anwesenheit allerdings Kompetenzen ein, die ich teils aus künstlerischer Arbeit beziehe. So hängen diese Dinge zusammen.

+) Rechtsruck (Übersicht)
+) Ein Feuilleton (Übersicht)

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
Dieser Beitrag wurde unter Feuilleton, Kulturpolitik abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.