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und die jugend?

es ist bei „kunst ost“ schon öfter die frage nach unserer altersstruktur aufgetaucht, ergänzt um die frage: „wo sind die jungen?“ die antwort liegt ja im anlaß zu dieser frage: nicht bei uns. „warum auch?“ frage ich gerne. dabei gehe ich von den erfahrungen mit meinem eigenen sohn aus. die youngsters brauchen mich und meine konzepte nicht, um ihre kulturellen bedürfnisse zu bearbeiten und zu leben.

brauchen keine zurufe von außen, sondern finden mit ihren youngsters offenbar permanent mehr themen und anlässe, als bearbeitbar sind: kunsterzieherin marianne ofner und geschichte-lehrer peter gerstmann

natürlich gibt es kunst-affine teenies in der oststeiermark. soweit ich welchen begegnet bin, waren sie an einem gymnasium und in anregender begleitung von engagierten lehrpersonen meiner generation. das interesse jener teenies an kunst und zeitgeschichte brauche ich nicht zu unseren vorhaben zerren, sie haben ihre eigenen pläne.

ringt annähernd pausenlos darum, den menschen allen alters gute gründe zum lesen anzubieten: buchhändlerin helga plautz (hier mit gleisdorfs bürgermeister christoph stark)

manches an jugendlichem kulturbezug zeigt sich auch rund um aktivitäten der buchhändlerin helga plautz. das hat seine eigenen initialmomente, seine eigene dynamik. ich freue mich, solche anteile des regionalen (kultur-) lebens feststellen zu können. aber es gibt – so weit ich sehe – keinen guten grund, auf diese ereignisse und personen zugreifen zu wollen oder sich auf diesen feldern um irgend eine idee von vernetzung zu bemühen.

ich glaube nämlich nicht, daß eine gesellschaft durch und durch „vernetzt“ sein möchte. solche bestrebungen müßte ich als versuch werten, eine komplette gesellschaft durchzurekrutieren und durchzuorganisieren. das hatten wir schon in den 1930er-jahren. es war kein überzeugender weg.

ein zeitgemäßes echo solcher bestrebungen ist meines erachtens die „vercoachisierung“ der gesellschaft. ich schätze kluge beratung keineswegs gering. das legen schon meine persönlichen erfahrungen nahe. manche lebenssituationen werden durch versierte begleitung erträglicherm sind durch ein angemessenes coaching besser zu bewältigen. aber ein sich verselbstständigender markt wirft hier allerhand kuriositäten aus.

am wenigstens gefällt mir jene abteilung, wo mir scheint, daß leute, die selbst in freier wildbahn noch nie reüssiert haben, plötzlich durch beratungseinrichtungen irrlichtern, um da leute für die freie wildbahn fit zu machen. das bedeutet, ich stehe der boomenden lebensberatungs- und coaching-branche skeptisch gegenüber.

verschiedene welten und bezugssysteme, verschiedene codes: manche fotos machen mir klar, daß ich auch schon jünger war. hier bin ich im gespräch mit autor dzevad karahasan (links) und schauspielhaus-intendantin anna badora beim "europatag" in graz (foto: frankl)

zurück zu den youngsters. wie erwähnt, ich sehe keinen grund, jugendlich zu „kunst ost“ zu verschleppen. wir sind eine community mit beachtlich hohem altersdurchschnitt. das zeigen dann auch unsere arbeitsansätze und praxisformen. die sind nicht auf „jugendkultur“ ausgerichtet, wie andrerseits „kunst und kultur“ nicht gedacht sind, beschäftigungsprogramme abzuwerfen, durch die jugendliche, deren verhalten unseren erwartungen widerspricht, gebändigt werden sollen.

kurz: unsere kulturelle basisarbeit und künstlerische praxis, die auf das erproben verschiedener wege kollektiver kreativität ausgelegt sind, haben den zweck, genau das zu sein; das wird vorläufig kaum wesentlich mit bereichen verschiedener jugendkulturen zu verknüpfen sein.

doch es läßt uns an grundlagen und an rahmenbedingungen arbeiten, die AUCH in der frage nach jugendkulturen relevant sind. doch da wird es an den youngsters selbst liegen, berührungspunkte oder gar überlappungen zu suchen. es sollte nicht gar so schwer sein, zugänge offenzuhalten, wir brauch aber davor keinen marktschreier aufzupflanzen.

lebhafte tage

mein hang zur repräsentationsarbeit hält sich sehr in grenzen. aber sichtbarkeit, wahrgenommen zu werden … es gehört zum geschäft, diese aspekte nicht zu ignorieren. umgekehrt betrachtet: es freut mich natürlich auch, wenn unsere arbeit u.a. dadurch gewürdigt wird, daß sie in einem größeren rahmen beachtung findet.

beim „europa-tag“in der aula der alten universität, graz (von links): frido hütter (kultur-chef „kleine zeitung“), landeskulturreferent christian buchmann und kulturpublizist peter wolf

so ein größerer rahmen war ohne zweifel der „europatag 2011“ in graz, zu dem ich exemplarisch für steirische basis-kulturinitiativen jenseits des landeszentrums eingeladen war; in ziemlich bunter gesellschaft, wie sich zeigte:
+) Elisabeth Arlt, Verein Pavelhaus
+) Max Aufischer, Kulturvermittlung Steiermark
+) Anna Badora, Schauspielhaus Graz
+) Christian Buchmann, Landesrat für Wirtschaft, Europa und Kultur
+) Frido Hütter, Kleine Zeitung
+) Dzevad Karahasan, Schriftsteller und Literaturwissenschaftler
+) Martin Krusche, kunst ost: Soziokulturelle Drehscheibe
+) Margarethe Markovec, Verein
+) Gerhard Melzer, Franz-Nabl-Institut Graz/Literaturhaus Graz
+) Peter Pakesch, Universalmuseum Joanneum
+) Eberhard Schrempf, Creative Industries Styria
+) Gottfried Wagner, Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur

daß ich hier nicht bloß nominell neben dem bosnischen autor dzevard karahasan gelandet bin, hat mir sehr gefallen, weil uns eine längere geschichte verbindet [link], die wohl auch ihre querverbindungen zu unseren kommenden vorhaben finden wird.

tags darauf folgte eine weitere station im rahmen unserer talking communities. viele kulturschaffende haben sich erfahrungsgemäß das steirische kulturförderungsgesetz noch nie näher angeschaut. wir haben einen der „architekten“ dieses gesetzes, heimo steps, gebeten, es uns zu erläutern, es mit uns zu debattieren.

referent heimo steps und kunsthistorikerin mirjana peitler-selakov

wir werden diese art der inhaltlichen „basis-arbeit“ beibehalten. es geht mir dabei sehr wesentlich um einen andauernden kompetenzgewinn der kulturschaffenden, was uns in summe dazu verhelfen sollte, unsere vorhaben zu sichern und so den boden zu befestigen, auf dem sich gegenwartskunst — auch abseits des landeszentrums — zeigen und ereignen kann. das braucht freilich ganz andere strategien und wege als die „zentrums-situationen“. (den gesetzestext kann man HIER downloaden.)

wir sind zugleich laufend richtung praxis unterwegs. im augenblick bedeutet das, es geht mit „close to nature“ zur sache. basierend auf einer konzeption von mirjana peitler-selakov übertragen wir künstlerische arbeiten auf die region; nicht im metaphorischen sinn, sondern ganz konkret auf die landschaft.

ein erster, knapper blick auf ein stück der arbeit von christian strassegger

unser „raketenprojekt“ mit medienkünstler niki passath war ja schon ein kurioser vorbote dieses genres. wir hatten dabei auf dem anwesen der familie pölzer gehörigen spaß, was ein weiterer, wichtiger hinweis ist: die ernsthafte arbeit schließt den spaß nicht aus.

eine arbeit von christian strassegger wird nun dieser erste formelle akzent von „close to nature“ 2011  sein, ergänzt um eine session mit bernhard kober. man könnte sagen: rasenmäher trifft hubschrauber. das schafft auch querverbindungen zu unserem kuratorium für triviale mythen, bei dem augenblicklich die geschichte der mobilität und des verkehrswesens zur debatte steht.