Was es wiegt… #84: Die Hierarchiefrage

(Beiträge und Fragen zu einer nächsten Kulturpolitik)

Ich hab in meinen bisherigen Kommentaren zur großen steirischen Anstrengung „Kulturstrategie 2030“ schon betont, hier kämen sehr unterschiedliche Milieus zusammen, was auch Kulturschocks und Dissens mit sich bringen müsse. Das halte ich für unausweichlich, weil in diesen Milieus unterschiedliche Codes vorherrschen, Intentionen und Zielsetzungen ganz verschieden gelagert sind. Wer das zu nivellieren versucht, korrumpiert den Prozeß.

Iris Absenger-Helmli und Karl Bauer (Foto: Nikola Milatovic)

Wir Kulturvölkchen sollten fähig sein, das in einer Praxis des Kontrastes handzuhaben und als Quelle von Zukunftsfähigkeit zu begreifen. Mir war allerdings von der Organisationsleitung einen Tag vor der Weizer Konferenz sehr eindringlich dargelegt worden, daß meine Ansicht, die Einladungspolitik sei hierarchisch angelegt, falsch ist, was auf meine Ungenauigkeit und mangelndes Verständnis zurückzuführen wäre.

Genau das war der Anlaß für den Kommunikationsklassiker in Glosse #81:
+) Einwand: „Du forderst Genauigkeit, bist aber selbst ungenau, hörst nicht zu. Deshalb hast Du es nicht verstanden.“
+) Kru: „Ich hab es sehr gut verstanden, aber ich stimme Dir nicht zu.“
+) Einwand: „Nein, Du hast es nicht verstanden.“ [Quelle]

Was ist nun der Fall?
Ich nenne meine Gründe. Zwei Personen wurde die Leitung des Panels übertragen und ihnen oblag es, die Einladungen auszusprechen, zu bestimmen, wer also dabei ist und wer nicht:
+) Iris Absenger-Helmli (Leader Regionalmanagement)
+) Karl Bauer (Kulturreferent Gleisdorf)

Auf meinem Kontinent hätte man die Leitung von Tisch 3 „Bereichs- und ressortübergreifendem Arbeiten“ mit einem Kontrastpaar besetzt, also zum Beispiel a) Institution & b) Freie Szene.

Die Organisationsleitung entschied sich lieber für a) Institution & b) Institution. In der regionalpolitisch kompatiblen Form: Regionalmanagement trifft Lokalpolitik. (Ich sehe auch, wer sich solchem Arrangement kommentarlos angedient hat.)

Das heißt, der Kulturreferent Gleisdorfs ist Bürgermeister und Parlamentarier Christoph Stark politisch verantwortlich. Absenger-Helmli (als Boss der Koordination/Stabstelle) ist Stark in dessen Eigenschaft als Geschäftsführer der LEADER-Region dienstlich verantwortlich. [Quelle]

Auf meinem Kontinent bedeutet dieses Lineup, in der regionalen Hierarchie gibt es keine höhere Position mehr. Tisch 3 wurde also strikt Top down formiert, denn Absenger-Helmli & Bauer waren befugt, die Auswahl für diese Runde zu treffen.

Kategorien und Begriffe
Damit es für die laufende Debatte gut rezipierbar bleibt, beschränke ich mich hier auf einen groben Raster von nur drei Positionen. Ich unterscheide strukturell zwischen
+) staatlichen,
+) staatsnahen und
+) privaten Kultureinrichtungen.

Wie in Glosse #84 schon erwähnt: „Staatsnahe nenne ich jene, die längerfristig einen erhöhten Aufwand haben, also etwa eine eigene Spielstätte, ein fixes Haus, wenigstens eine angestellte Kraft etc.“ [Quelle]

Und zwar deshalb, weil Einrichtungen wie ein Forum Stadtpark oder eine Akademie Graz ohne permanente staatliche Kofinanzierung mit nennenswerten Summen nicht bestehen könnten.

Eine Universität, eine Musikschule oder das Grazer Kunsthaus etc. sind staatliche Kulturinstitutionen. Freie Kulturinitativen sind jene, die nur projektbezogene, temporär begrenzte Kofinanzierungen mit staatlichen Geldern erleben und wesentlich durch privates Engagement bestehen.

Dazu kommen in der Praxis etliche natürliche und juristische Personen, die Ehrenamt und Hauptamt kombinieren, also bezahlte Arbeit mit unbezahlter Arbeit stabilisieren und aufwerten. In der nächsten Glosse werde ich unseres Dreier-Tisch institutionell aufschlüsseln, um jene Hierarchie sichtbar zu machen, die ich sehe, andere offenbar nicht sehen.

— [Das Weizer Panel] —
— [The Long Distance Howl] —

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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