Contrasts and Perspectives: Kosova

Manche scheinen überrascht zu sein: Europa hat auch einen Süden. Seit dem Untergang Jugoslawiens ist es leider wieder populär geworden, Menschen vom Balkan, die bei uns ankommen, hauptsächlich über Defizite zu definieren. Das hat allerhand mit alten ideologischen Restbeständen zu tun, welche seit über hundert Jahren Wirkung zeigen.

Karl Bauer (links) und Valton Halimi

Karl Bauer (links) und Valton Halimi

Das hat aber auch mit dem weltweit gegebenen Nord-Süd-Gefälle zu tun, bei dem ein seit 200 Jahren zunehmend industrialisierter und wohlhabender Norden in Europa keinen adäquaten Ausgleich geschaffen hat, wodurch einige Problemlagen bis in die Gegenwart konserviert wurden.

Auf dem Weg zu unserem herbstlichen Kunstsymposion war nun eine weitere Besprechung mit Karl Bauer und Valton Halimi zu führen. Sie sind die Schlüsselpersonen eines Projektes, das von der Stadt Gleisdorf realisiert wird: „Contrasts and Perspectives: Kosova“.

Die Schreibweise Kosova deutet schon an, es werden kosovarische Künstler der albanischen Ethnie sein, die als Artists in Residence in Gleisdorf gastieren und ausstellen sollen.

Dazu bereiten wir zwei Round Tables im Rahmen der „Talking Communities“ vor, die Teil unseres Kunstsymposions sind.

Das erste Gespräch ist den Erfahrungen unserer Gäste gewidmet. Welche Ziele und Strategien verfolgen kreative Menschen in einer Post-Kriegs-Gesellschaft? Worauf bauen sie in einem Land, das im strukturellen und ökonomischen Wiederaufbau noch viel vor sich hat? Was erwarten Sie vom Kunstbetrieb außerhalb ihres Landes?

Das ist also ein Round Table, bei dem wir zuhören werden. Das zweite Gespräch ist der umgekehrten Situation gewidmet. Ich bitte Einheimische an den Tisch, die sich für den Austausch mit anderen Ethnien engagieren, seien es Gäste, Reisende, seien es Flüchtlinge.

Die kosovarischen Hauptstadt Prishtina

Die kosovarischen Hauptstadt Prishtina

Was gibt es konkret zu klären und zu sagen, wo wir in einer längst umfassend globalisierten Welt noch sehr antiquierte Vorstellungen dessen pflegen, was als „Das Fremde“ gilt? Und was sind die Vorteile für ein Gemeinwesen, wenn wir den Tellerrand absenken, indem wir die Welt auch aktiv zu uns holen?

Diese zwei Gesprächsrunden werden in der ersten Septemberhälfte umgesetzt und sind Teil des Projektes „From Diaspora to Diversities“. Dabei wird längerfristig untersucht, was es für nationale Gesellschaften bedeutet, wenn durch die aktuellen Wanderbewegungen sehr kontrastreiche kulturelle Einflüsse in die Gemeinwesen hereinkommen.

Gleisdorf ist eine gedeihende Stadt, die sich dem längst geöffnet hat. Hier sind heute Menschen aus rund 30 verschiedenen Herkunftsländer ansässig. Das bedeutet natürlich, daß die Kultur der Stadt Spuren verschiedener Ethnien und Sprachen erhalten hat, was in der allgemeinen öffentlichen Wahrnehmung freilich noch nicht gar so deutlich angekommen ist.

Wir möchten demnach beitragen, besser erfaßbar zu machen, daß etwa aktuell ankommende Flüchtlinge bloß daran erinnern, was längst unsere gelebte Realität in stabilen sozialen Verhältnissen ist: Hier besteht kein einsames Dorf im hintersten Graben, wo man nur dann Fremde sieht, wenn eine feindliche Armee durchmarschiert.

Die Kleinregion Gleisdorf mit ihrer blühenden Wirtschaft ist schon lange ein Terrain, in dem sich ein großes Stück der Welt spiegelt; durch die Ansässigen aus anderen Herkunftsländern.

— [From Diaspora to Diversities] [Generaldokumentation] —

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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