Die Rollende Konferenz

Sie dürfen sich das so vorstellen: In der Ebene war noch ein Hauch von Sommer. Aber unsere Tour führte über 1.500 Höhenmeter hinaus. Dort regiert der Herbst und gelegentlich hingen Wolken auf Augenhöhe neben uns über dem Tal herum.

Herbst im Hochsommer.

Der Dottore hatte die richtige Entscheidung getroffen. Joachim Karner hätte uns für diese Tour seinen rund 40 Jahre alten Cederer überlassen. Der Mercedes-Benz Baureihe 124, ein zeitlos elegantes Coupé, ist aber definitiv wetterfühlig.

Also entschied Norbert Gall, daß wir bei seinem soliden Kombi bleiben. Es waren dann ja über 300 Kilometer, die wir hinter uns ließen. Davon ein wesentlicher Anteil im Regen; so zwischen dem Nieseln und Schütten.

In diesem Modus liefen unsere laufenden Debatten und das ständige Erkunden der Umgebung. Gaberl, Klippitztörl, Pack, allerhand entlegene Nester, einige Hinterhöfe, manche Garagen, das Finish beim Saturday Night Cruising der Alltagsklassiker.

Citroen DS 19 („Deesse“)

Wir zwei on the road, ein älterer Herr und einer, der es bald sein wird, in der Karre freilich auf null Promille, denn da verstehen wir beide keinen Spaß. Doch wir brüllten unterwegs gemeinsam mit „kAPELLE PETRA“ den Refrain: „Also stoßen wir an / Abstinenz führt auch nicht zur Unsterblichkeit / Wer sich morgen noch dran erinnern kann / War nicht wirklich dabei / Auf die Liebe, auf das Leben / Auf ’ne gute Zeit“.

Es war der genauere Arbeitsansatz für die 2026er Session „Endorphin-Maschine“ zu bereden. Diese Mensch-Maschinen-Beziehung in ihren essenziellen Facetten, dabei freilich auch das Obsessive. Und wozu ist es gut, Obsessionen zu haben? Was macht das in unserem Inneren?

Im Gespräch mit Anja Mayrwöger (Foto: Micky Tieber)

Man kann meine Grundannahme kennen: Die Evolution spielt. Sie experimentiert. Was einer Spezies nichts nützt oder ihr gar schadet, das verschwindet. Notfalls gleich samt der Spezies. Was aber nützt, das wird verfeinert. Wir Menschen mit unserem symbolischen Denken und mit der Neigung, auch zu leblosen Gegenständen intensive emotionale Beziehungen zu entwickeln… Das muß ja einige gute Gründe haben.

Über solche Zusammenhänge sprach ich beim Cruising etwa mit Anja Mayrwöger, die sich in dieser Subkultur seit Jahren engagiert. Was ist denn der Nutzen, wenn man teils extrem unterschiedliche Menschen, auch solche mit unvereinbaren Auffassungen, dazu bringt, daß sie eine gemeinsame Zeit gestalten, in der keine Machtspiele und keine Kampfmaßnahmen Platz haben?

Steigflug-Monument: Saab Draken.

Dazu mag man auch auf Ideen kommen, wovon das handelt, was wir uns unter Kultur vorstellen. Aber dem werden wir noch genauer nachgehen, um einige brauchbare Annahmen zur Diskussion zu stellen.

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