Rechtsruck-Typologie: Kompetenz-Simulation

Hier ist von österreichischer Folklore zu reden. Diese Art der Qualifikation verhaltensorigineller Leute finden Sie bei uns praktisch in allen gesellschaftlichen Bereichen.

Das Phänomen taucht in sehr unterschiedlichen Versionen und Nuancen auf, die im politischen Spektrum zwischen links und rechts gut verteilt erscheinen. Eine Variante dessen ist das Konzept der lebenslangen Inkompetenzkompensationskompetenz.

Das erweist sich in Fragen des individuellen Energiehaushaltes wesentlich ökonomischer als etwa lebenslangen Lernen. Man darf also nicht sagen, solche Leute können nichts. Es ist eine Frage der Intentionen und des bevorzugten Konzepts.

Ich finde inzwischen in vielen Zusammenhängen wieder diesen Modus „Protektion geht vor Kompetenz“. Das korrespondiert unter anderem mit einer Strategie, die davon handelt, daß sich Menschen in vorgesetzter Position vorzugsweise mit Leuten umgeben, die schwächer, weniger kompetent als sie selbst sind.

Sowas stärkt die eigene Hausmachtstellung, aber die Einrichtung, der man vorsteht, schmiert ab. Das sind ja mitunter fragile Konstruktionen. Deshalb zeigen Kompetenzsimulanten gewöhnlich eine niedere Reizschwelle gegenüber Einwänden. Es ist sehr hierarchisch.

Mentalitätsgeschichte
Das hat seine innere Schlüssigkeit durch den Umstand, daß die meisten unserer Leute vor zwei, drei Generationen noch Untertannen waren. Und davon wiederum der größte Teil subalterne Leute, also Dienstboten, Knechte, Mägde, Hilfskräfte.

Das heißt, wir finden in uns eine Disposition, gemäß der Unmut nur von oben nach unten, nicht umgekehrt ausagiert wird. Ich denke, das macht plausibel, was wir via Social Media oft an ungebremster Wut, an Hate SSpeech etc. erleben. Da wähnt der Untertan sich kurz von solchen Hierarchien entbunden.

Kennen Sie dieses Bonmot aus der Bundespolitik? „Früher fragten wir, ob wir wen haben, der es kann. Heute fragen wir nur noch, ob wir wen haben.“

Manchmal scheint mir, da tummeln sich Varianten von „Megaphon-Sekten“. Es werden Ansichten hinausgebrüllt, es dürfen keine Einwände hereinkommen. Klassisches Broadcasting. So als hätte eine Medienrevolution nie stattgefunden. In eben diesen Kreisen ist allemal gerne von „Zensur“ und von „Eliten“ die Rede. Wer widerspricht, wird konsequent und umfassend diskreditiert.

Wie der Typus „Tränensack“ gerne anderen Leuten oben hängt, um ihnen täglich schlechte Nachrichten zu bringen, so hocken Kompetenz-Simulanten auf anderen Leuten drauf, um den Laden ruhig und stabil zu halten.

In der realen sozialen Begegnung kann man Kompetenz-Simulanten relativ leicht auf ihren Platz verwesen, denn im Simulakrum ist die Courage nicht zuhause. Innerhalb der Strukturen einer Gesellschaft ist das vergleichsweise viel schwerer, weil es unter diesen Konsorten ein enormes Synergiepotenzial gibt; natürlich auf Kosten der Zukunftsfähigkeit einer Gemeinschaft.

Die Kumpanei dient als ein schützender Kordon, innerhalb dessen das Prinzip „Don’t rock the boat!“ Bedingung ist. Das klappt selbstverständlich ressortübergreifend. Nietensolidarität hat quasireligiösen Rang.

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Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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