Verpeilte Debatten

Ich nehme an, Begriffe wie „Lügenpresse“ oder ähnliche Beschimpfungen sind Ihnen schon untergekommen. Diese generelle Abschätzigkeit gegenüber der Branche hat sich die letzten Jahre sehr breit gemacht.

Die Praxis der Doppelgesichtigkeit?

Freilich gibt es keine seriöse Möglichkeit, ein ganzes Berufsfeld pauschal herabzuwürdigen. Was in diesem Zusammenhang auf dem Boulevard für Beschimpfungen üblich wurden, ist recht würdelos. Wer meint, er könne „Mainstream-Medien“ so ganz allgemein der Korruption zeihen und sei berechtigt, deren Personal rückhaltlos zu verunglimpfen, demonstriert damit auf jeden Fall zwei massive Mängel. Den an Medienkompetenz und den an intellektueller Selbstachtung.

Die Motive für diese Art der Niedertracht sind leicht zu finden. Ein zentrales Interesse ist der Unwille, sich und seine Ansichten zur Debatte zu stellen und von Andersdenkenden womöglich Einwände zu hören, die man nicht zu widerlegen vermag.

Auf solche Art der geistigen Ruhestörungen wird dann gerne mit Beleidigungen und sogar mit massiven Grobheiten reagiert. Ich hätte angenommen, daß steirisches Kunst- und Kulturschaffende solche Verfehlungen mindestens vermeiden, allenfalls auch anfechten würden. Daß davon meist keine Rede sein kann, hab ich gerade wieder auf Facebook erlebt.

Ich sehe da eine völlige Ignoranz der Tatsache, daß die Presse geschichtlich erst relativ kurz das Fundament einer bürgerlichen Öffentlichkeit ist, dank derer man heute solche Debatten führen kann. Da wird ab und zu verbal auf Medienleute ziemlich rücksichtslos eingeschlagen. Dafür braucht es anscheinend nicht einmal einen konkreten Anlaß, der dargelegt werden muß.

So kam ich etwa durch den Musiker Christoph Wundrak auf die Aura- und Zirbenessig-Expertin Ulrike Karolyi, die uns dafür ein Beispiel gibt. Ihr Statement vom 27. Mai dieses Jahres lautet: „Frage an die Mediendodeln ….Tut das eigentlich weh was Ihr habt ?“ Das unterstellt der gesamten Branche also a) von dummen Leuten belebt zu sein, die b) an etwas leiden, was schmerzen könnte. (Auf meinem Kontinent würde man das als Form der Menschenverachtung einstufen.)

Am ersten Juni 2025 hat die enthusiastische Anhängerin des Themas internationale Sicherheitspolitik eine eher kritikwürdige Botschaft gepostet, die Christoph Wundrak nicht bloß geliked, sondern am gleichen Tag (um 22:41 Uhr) geteilt hat. (Dieses Machwerk ist in seiner Facebook-Timeline immer noch online.) Es enthält mehrere recht kühne Behauptungen, wie Putin habe diesen Krieg nicht angefangen.

(Quelle: Facebook)

Dazu gehört, daß die Ukraine und die USA angeblich geplant hätten, neun Millionen Russen auf ukrainischem Staatsgebiet zu ermorden. Da ist auch zu lesen, Rußland sei zur Invasion „gezwungen“ worden. Das Fazit der obszönen Botschaft: „Einzig und allein die USA und die Ukraine haben diesen Krieg begonnen!“

Das ist eine verblüffend unterirdische Behauptung, zu der natürlich valide Beweise fehlen. Ein Weiterreichen solcher Propaganda kommt deutlich in die Nähe eines strafbaren Tatbestandes . Da sekundiert übrigens auch der Musiker Egon Krausler mit Sätzen wie: „Die ganze Ukraine Geschichte wurde von Anfang an von den Amis geplant.“

Das Ereignis hat einen kuriosen Kontrast, weil Wundrak ein exponiertes Ensemble-Mitglied der Truppe von Otto Köhlmeier ist, der mit seinen Leuten das Programm „NIE WIEDER“ erarbeitet und auf Tour gebracht hat. Zitat Köhlmeier: „…ein Stück Theater der wilden Alten gegen Hass, Intoleranz, Faschismus und Krieg“.

(Quelle: Facebook)

Köhlmeier hat sich bisher auch auf Rückfrage geweigert, die Angelegenheit zu kommentieren. Da würde ich nun sagen: „Houston, wir haben ein Problem!“ Und wir haben etwas Klärungsbedarf.

Postskriptum
Ich verzichte hier auf eine Anonymisierung der genannten Personen, weil sie a) als Kulturschaffende im öffentlichen Leben präsent sind, b) ihre Timlelines offen sind, also ohne persönlichen Kontakt einsehbar, weshalb ich ihre Postings c) als Beiträge zu öffentlichen Diskursen bewerte.

+) Mars (Eine Debatte über Krieg)
+) Rechtsruck

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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