Ein nächster Anlaß, um die kulturellen Unterschiede zwischen Wundrakien und Kruschestan zu erläutern. Unser diplomatischer Dienst wird noch zu klären versuchen, ob wir uns in folgendem Punkt einig sind: Eine Demokratie kann ohne pluralistische Gesellschaft und Antwortvielfalt nicht vorankommen.

Dabei sollten wir fähig sein, Dissens zu ertragen. Um es mit einem launigen Bonmot zu illustrieren: „Intelligenz ist die Fähigkeit, über zwei einander widersprechenden Überzeugungen nicht den Verstand zu verlieren“.
In diesem Zusammenhang erscheint es mir etwas problematisch, wenn Musiker Christoph Wundrak zu einem brennenden Thema europäischer Sicherheitspolitik via Massenmedium konstatiert: „Aufwachen wäre schön langsam angesagt……“

Damit unterstellt er ja, daß „schläft“, wer Wundraks Ansicht nicht teilt. Das halte ich für eine unseriöse Position. Wir kennen überdies Stereotypen wie „Schlafschaf“, in enger Verwandtschaft zum „Systemknecht“, einer wenig freundlichen Zuschreibung für Andersdenkende.
Worauf beruft sich Wundrak? Auf Jürgen Todenhöfer, der in Kruschestan bestenfalls als Andreas Gabalier der Publizistik durchgehen würde. Ich halte es für keinen Ausdruck von Qualität und seriöser Arbeit, wenn jemand eine Nachricht mit Begriffen wie „Hysterie“ oder „Lügenbaron“ geschmeidig macht.

Das ist die dunkle Seite der Eristik. Statt Argumenten zur Sache setzt jemand Argumente zur Person ein. Wir wissen seit der Antike, daß diese Strategie dem Obsiegen dient, nicht dem Erkenntnisgewinn. (Zitat Heidi Kastner: „Wollen sie diskutieren oder recht haben?“)
Was aber treibt Todenhöfer und trägt Wundrak weiter? Er unterstellt etwas, das er mit keiner seriösen Quelle belegt, um seinen Punkt zu machen. Das ist ein simpler Trick und pure Polemik. Ich kenne keine valide Quelle für die „Lüge, Russland werde demnächst Deutschland angreifen“.
So eine Quelle bleibt uns Todenhöfer schuldig, Wundrak auch. Die aktuelle Debatte dreht sich darum, daß Putin Europa angreifen könnte. Konjunktiv! Wenn man beachtet, was er in der Ukraine anrichten ließ, wünsche ich, Europa sei für so einen Fall gerüstet und wehrhaft.
Ich lese Wundraks Botschaft dagegen so: „Macht Euch keine Sorgen wegen Putin, Europa ist sich selbst ein Problem.“ Da bin ich freilich ganz anderer Ansicht.
