Superreiche als politische Ratgeber

Ich habe in etlichen Notizen unterstrichen, daß Trump und Putin eine besondere Gemeinsamkeit haben. Für sie ist dieses Europa eine Systemkonkurrenz. Und da speziell die EU, trotz aller bekannten Mängel, der größer Binnenmarkt der Welt und ein Demokratie-Labor.

Würden Sie einen Milliardär um politischen Rat fragen?

Das wird von innen gerne schlechtgeredet, anstatt daß manche Leute in meinem Umfeld persönliche Verantwortung zeigen und etwas beitragen, dieses Gefüge zu verbessen. Das wird von außen angefeindet.

Von rechten Netzwerken der USA und von russisches Troll-Farmen gehen seit vielen Jahren Aktionen aus, die Politik und den sozialen Frieden in Teilen Europas zu korrumpieren, zu zerrütten. Das geschieht inzwischen ganz ungeschminkt.

Ich erlebe seit geraumer Zeit, wie Leute aus meinem Milieu mir Putin erklären, obwohl sie garantiert kein Wort russisch verstehen, ihr Wissen also nicht aus eigener Lektüre von russischen Quellen haben können. Sie schöpfen ihre Weisheiten aus Kolportage. Wie ich sehe, liefern sie meist nur die Botschaften, nennen aber keine Quelle. Sowas nenne ich Propaganda.

Was für ein lustiger Kampl! (Quelle: ORF)

Mit Trump ist es einfacher, denn der äußert sich offen. Was er raushaut, ist mit meinen Englischkenntnissen gut bewältigbar. Ich erlebe in Teilen des Kulturvölkchens Leute, die mich via Social Media mit ihren welt- und sicherheitspolitischen Expertisen versorgen. Dabei sind sie aber anscheinend frei von Skepsis, wenn schwerreiche Dealmakers, Unternehmer mit starken Eigeninteressen, europäischen Nationen politische Lektionen erteilen möchten. Reiche wie Elon Musk, Wladimir Putin und Donald Trump.

Dazu paßt der Tech bro Musk als ungeschminkter Geschäftemacher, dem Politik und Reglements bei seinen Expansionen im Weg stehen. Ich bestaune an einigen meiner Leute, daß sie nicht nur eine Art „Expertenwissen“ über die demokratischen Qualitäten von Musk, Putin und Trump verbreiten, dessen Quellen mir ein Rätsel sind, weil sie nicht offengelegt werden.

Man könnte auch über das 19. Jahrhundert und die Dampfmaschinenmoderne etwas wissen. Zum Beispiel, daß die Arbeiterbewegung teils blutige Kontroversen austragen mußte, damit Menschen in den Fabriken nicht mehr wie Tiere gehalten und geschunden werden.

Es gibt auch heute noch genug Dealmakers, die bloß von Politik und Reglements abgehalten werden, sich der Arbeitskräfte derart brutal zu bedienen. Das alles hat Europa schon kennengelernt. Eine der ersten Errungenschaften der Arbeiterbewegung war die Begrenzung der Arbeitszeit von Kindern in den Fabriken auf zehn Stunden täglich.

Zu dem Thema meldet sich ja der Richtige.

Derlei zeigt auf andere Art das Preußische Regulativ vom 9. März 1839. Wahrlich nicht aus Philanthropie. Zitat: „Am 9. März 1839 wurde das erste Schutzgesetz für arbeitende Kinder erlassen: das ‚Regulativ über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in den Fabriken‘. Dass es endlich dazu kam, lag an der nicht mehr zu verdrängenden Erkenntnis, dass zu frühe und ständige Fabrikarbeit wahrhaftig zur Wehrdienst-Untauglichkeit führte.“ [Quelle]

Vor diesem Hintergrund empfinde ich Botschaften von Kunst- und Kulturschaffenden, die mir allen Ernstes Ansichten von Musk, Putin und Trump als relevante politische Inhalte empfehlen als Zumutung.

Postskriptum
Ich habe vorhin zum „Human Rights Day“ auf das Thema Demokratieindex verwiesen. Da rangieren die USA bei der Universität Würzburg unter den Schlußlichtern der Kategorie „Funktionierende Demokratie“ auf Platz 31. Dem folgen bloß noch Barbados und die Slowakei. (Russland schafft Platz 146, Prädikat „Moderate Autokratie“.)

Auf dem Demokratieindex von „The Economist“ reicht es für Platz 28 und das Prädikat „Unvollständige Demokratie“. (Rußland auf Platz 151: „Autoritäres Regime“.) Das kann man freilich ignorieren, wenn man für seine politische Botschaften aus spirituellen Quellen schöpft, also aus dem tiefsten Inneren seiner selbst.

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