Es ist verführerisch anzunehmen, die Marktfähigkeit eines Kunstwerkes sage etwas über seinen künstlerischen Rang aus.

Der Marktwert ist aber keine Kategorie der Kunst, sondern eine der Ökonomie. Da regeln sich Preise im Zusammenhang von Angebot und Nachfrage. Natürlich mischen dabei zum Beispiel Galerien, Agenturen, einzelne Kunsthändler und Auktionshäuser kräftig mit, wo es etwa um die bildende Kunst geht.
Freilich ist künstlerischer Rang einer der Parameter von Preisgestaltung. Das erlaubt aber keinen Umkehrschluß. All das ändert sich nichts am Wesen des Deals. Der ist etwas Kaufmännisches, nichts Geistiges oder Spirituelles.
Werke können als eine Anlageform genutzt werden, um Geld zu parken und womöglich zu vermehren. Das ist üblich. Werke können für Prestigezwecke genutzt werden. („Was? Sie haben einen echten Man Ray? Wow!“) Damit mag man seinen Kunstsinn demonstrieren, das unterstützt zuweilen auch ein regionales Kunstgeschehen, aber die Kunst selbst bleibt davon unberührt.
In diesem Zusammenhang steht es mir bei Laune natürlich frei, zum Kunstmarkt und zum Kunstbetrieb einigen Abstand zu halten. Wenn ich quer durchs Jahr genug Geld verdiene, um meine Ansprüche in Sachen Lebensstandard zu erfüllen, macht mich das vom Markt recht unabhängig, also auch vom Feuilleton und von anderen Instanzen des Kulturbetriebs.
Warum aber solche Selbstbeschränkung und ein Verzicht auf Expansion innerhalb der Gesellschaft? Sind nicht Ruhm und Reputation den Kunstschaffenden förderlich? Das sind sie nur dann, wenn mir an Ruhm und Reputation liegt, wenn ich darüber hinaus solche Werte auf den Markt tragen und in Geld eintauschen möchte.
Ich habe eingangs erwähnt, Werke können als eine Anlageform genutzt werden, um Geld zu parken und womöglich zu vermehren. Aber was ist Geld? Ein Medium. Geld macht es mir seinerseits möglich, Leistungen zu parken.

Habe ich für diese oder jene Leistung Geld erhalten, kann ich derlei Beträge aufbewahren, bis ich sie in eine andre Angelegenheit konvertieren möchte. Solche Vorgänge kann ich, falls ich das möchte, von meiner Kunstpraxis weitgehend abkoppeln, auf ein Minimum reduzieren.
In meinem Fall, da ich vor allem Lyriker bin, ist das ganz naheliegend. Mit dem Verfassen von Gedichten, die etwas taugen, vermag ich weder ein Arbeitsjahr auszufüllen, noch mein Brot zu verdienen.
Ganz klar, daß ich mich bemühe, mein Einkommen möglichst im kunstnahen Bereich und in der Kulturarbeit zu lukrieren, denn dafür habe ich eine hohe Dichte an Kompetenzen. Nebenbei bemerkt: Wer denkt, Marktwert sage etwas Essenzielles über künstlerischen Rang aus, kennt das Land nicht, den Kulturbetrieb schon gar nicht.
Aber ich lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen, falls es Ihnen gelingt, wenigstens zehn Prozent von Österreichs Kunstschaffenden hervorzuheben, die einen nennenswerten künstlerischen Rang haben und mit rein künstlerischer Arbeit ein erträgliches Jahreseinkommen erwirtschaften. Überraschen Sie mich!
+) Vorlauf: Kulturpolitik: An der Basis VIII
+) Ein Feuilleton (Kulturpolitische Beiträge, laufende Debatte)