Mars: Die Geheimnisse der Bassena

Was tut sich in den Facebook-Timelines einiger Promis von Wundrakien? Es zählt doch das, wie jemand handelt, letztlich mehr als das, was jemand von sich behauptet.

Was ist öffentlich und was privat?

Also Karten auf den Tisch! Was haben Menschen, die andere zu belehren wünschen, inhaltlich zu bieten? Und welchen Stil zeigen Sie mit ihren Verlautbarungen? In Kruschestan kennen wir zwei wesentliche Positionen, über die Definitionsmacht gerne demonstriert wird.

Stufe Nr. 1: „Was? Das interessiert dich nicht? Na, das werde ich dir jetzt erklären!“ Stufe Nr. 2: „Du mußt zugeben, daß ich recht habe. Aber wenn du willst, beweise ich dir auch das Gegenteil.“ Es gibt noch eine illegale Stufe Nr. 3: „Ich schlag dich, bis du endlich lachst.“ Sie werden es erraten, keine dieser Stufen ist bei uns willkommen.

Aber was hat uns Wundrakien an Weisheit zu bieten? Ein paar Grundsatzfragen. Läßt sich die Arbeit des Wissenserwerbs durch spirituelle Erfahrungen ersetzen? Verhält sich beides, Wissenserwerb und Spiritualität, zueinander komplementär? Kann Wissen durch Spiritualität aufgewertet werden? Was bedeutet das allenfalls für die Fragen nach Definitionshoheit? Rangiert der spirituell Wissende in einer (welcher?) Hierarchie über rein rational folgernden Personen?

Diese Fragen zu klären erscheint mir wichtig, um herauszufinden, mit welcher Autorität jemand zu mir spricht, falls wir uneins sind. Immerhin wissen wir durch die Kognitionswissenschaften längst, daß es „reine Rationalität“ gar nicht gibt? Das heißt, jede Denkleistung, jede Erkenntnis, auch jede Entscheidungsgrundlage, kommt durch den gleichzeitigen Einsatz verschiedener menschlicher Instanzen zustande.

Da wirkt das Ahnen, das Empfinden. Da arbeitet neben dem Verstand aber auch die eigene Körperchemie mit. Hoppla! Was heißt „neben dem Verstand“? Einen Verstand ohne Körperchemie gibt es nicht. Wenn in meinen Gehirn Neuronenensembles feuern und Synapsen ganz unterschiedliche Bahnen schalten, dann ist da eine Menge Chemie im Spiel.

Welcher Modus herrscht dort?
Hornist Christoph Wundrak hat einiges vorgelegt und bleibt auf seinem bewährten Kurs. Sein Sekundant Egon Krausler springt offenbar nur im Anlaßfall an. Wundraks politische Muse Ulrike Karolyi erspart uns Überraschungen. Ihr sachliches Quellgebiet ist solide geordnet und gut überschaubar.

Ich rätsle noch über eine spezielle Auffälligkeit. Um Wundrak zu zitieren: „…ich informiere mich aus verschiedenen Quellen, wobei mich spirituelle Perspektiven mindestens gleich stark wenn nicht mehr interessieren wie Zeitgeschichte.“ Weshalb finde ich das weder bei ihm, noch bei Krausler oder Karolyi in ihren laufenden Facebook-Postings?

Es sind da so gut wie keine individuellen Mitteilungen da, persönliche formuliert und von der Weisheit spiritueller Praxis erhellt. Ich finde stattdessen hauptsächlich das Reposting von Beiträgen anderer Leute, die meist mit knappen Kommentaren versehen werden.

Also nichts Originäres, nichts selbst Erdachtes, sondern hauptsächlich Kolportage. Dabei eine auffallende Tendenz zum Polemischen. Ganz kurios finde ich eine Art von Fiasko-Hopping. Damit meine ich, Wundrak setzt sich, wie viele andere in diesem Milieu, immer wieder auf Themen, die grade populär vor seinen Füßen herumliegen, statt uns einmal in einen Bereich fundiert tiefer hineinzuführen.

Das sind bei ihm, Themen wie „Hände weg vom Bargeld“, oder Putins angebliche Unschuld, des Menschen angebliche Sucht nach Chaos, Sarah Wagenknechts Ansichten zur Ukraine, Mitgefühl für Gaza und Kritik an Israel, dann noch die Beschneidung von Mädchen. Das geht dauernd quer durch den Krautgarten. Auf eine Art, die man in Kruschestan als Boulevard-Mischung einschätzen und mißtrauisch durchsehen würde.

Kohärenz? Sachlich Tiefe? Keine Zeit für sowas! Lieber ein Parforceritt mitten durch die gängigen Aufreger des Monats. So erscheint mir das. Okay, wird schon wo seine spirituellen Qualitäten haben. Ich entdecke sie bloß nicht.

Was ich sehe, möchte in Kruschestan bestenfalls als Bassena-Tratsch durchgehen, niemals als eine ernsthafte Debatte über den Zustand der Welt. Früher ist sowas bei der Bassena im Halbdunkel eines Hausflurs verebbt. Heute erfahren wir es dank Social Media alle.

+) Mars (Eine Debatte über Krieg)