Ich bin bezüglich meiner Eindrücke von Wundrakien natürlich bloß ein Tourist und ein Rookie in der Befassung mit dem Wundrakischen Denksystem.

Das kann ich derzeit nur grob mit jenen Kulturtechniken vergleichen, die wir in Kruschestan geübt haben. Bei uns gilt das Prinzip: Wer diskutiert, sucht. Wer doziert, weiß schon. In meiner Glosse „Wundrakische Kulturdetails“ war festzustellen, daß die spirituellen Erfahrungen und Hintergründe, auf die sich Christoph Wundrak beruft, Erfahrungstatsachen sind.
Sie entspringen seinen inneren Vorgängen sowie den in ihm aufsprießenden Erkenntnissen. Es ist unmöglich, diese Inhalte – Erfahrungstatsachen – zu überprüfen oder gar zu beweisen. Wollte man sie kritisieren, müßte man tun, was Kritik eigentlich leistet: Vergleichen, um dann eine Einschätzung vorzunehmen, warum man welchen Inhalt dem anderen vorzieht. Sehen Sie das Kernproblem?
Das Innen vom Außen unterscheiden können
Was jemand empfindet, wird mir nur zugänglich, wenn mir die betroffene Person davon erzählt. Aber das ist schon die erste Interpretation eines inneren Erlebens. Und das soll ich nun mit einem anderen Bericht einer anderen Person von deren inneren Erleben vergleichen? Dieser ist auch wiederum nicht die Quelle, sondern eine Eigeninterpretation. Sie merken gewiß, das ergibt auf solche Art keinen Sinn. Da bin ich in der Verständigung bei reinen Glaubensgegenständen.
Das meint, in der Kommunikation über Erfahrungstatsachen kann ich beiden Personen bestenfalls glauben, daß ihre Berichte (Interpretationen) möglichst nahe an ihren inneren Erlebnissen sind. Aber es bleibt so und so die semantische Kluft. Worte sind keine Gefühle, sondern sie bezeichnen Gefühle bloß. Wer auf diesem Weg ein Dogma formuliert, liefert einen Bericht, was er oder sie empfunden hat.
Man kann diese Berichte systematisieren. Das ergibt eine Glaubensgemeinschaft. Falls Sie nun denken, ich sei ein Erbsenzähler, geben ich Ihnen ein markantes Beispiel. Wie können spirituelle Erfahrungen epochal schiefgehen, wenn sie von ganzen Gesellschaften für soziokulturelle Tatsachen gehalten werden und andere Regeln ignoriert werden? Genau das hat in der Menschheitsgeschichte mit einer speziellen Konzeption viele Millionen von Leben gekostet. (Es ist zugleich das über Jahrtausende bewährte Exempel für die Mechanismen einer vorherrschenden Männerkultur.)
Das epochenübergreifende Fallbeispiel
Würden Sie mir zustimmen, daß im Judentum und im Christentum nicht der gleiche, sondern derselbe Gott verehrt wird? Ein gleicher Gott, das wäre hier ein jüdischer und da ein christlicher Gott von ziemlich ähnlicher Art, also zweierlei. (Achtung, Semantik! Derselbe Gott, das besagt: es ist ein und derselbe Gott, den sie da wir dort verehren.)
Wären Sie überrascht, wenn ich Ihnen erzähle, daß Muslime ebenfalls denselben Gott verehren? Also keinen ähnlichen, anderen, sondern den der Juden und Christen. Das werden Ihnen sogar Sunniten und Schiiten garantiert bestätigen, auch wenn sie sonst einander gelegentlich die Hälse durchschneiden.
Jetzt dämmert Ihnen vielleicht, daß es auch in der Orthodoxie kein anderer, sondern derselbe Gott ist. Und im Protestantismus sowieso. Alle knien sie vor diesem einen Gott, beten zu ihm. Aber wenn sie aufstehen, die Juden, Katholiken, Muslime, Orthodoxen, Protestanten und sonst noch einige, sind immer wieder welche unter ihnen, die den jeweils anderen Kehlen durchschneiden oder Köpfe einschlagen; im Namen dieses einen Gottes, den sie alle anbeten.
So kann das mit der Spiritualität gehen, wenn es in Gemeinschaften keine verbindlichen Regeln gibt, Ethos, mit dem man verhindert, daß sich einzelne Leute über andere erheben. Da wird dann Doxa (Meinung) zur Orthodoxie, einem angeblichen Mehrheitswissen, das von der Kritik ausgenommen ist und als Dogma gilt.
Wenn also zum Beispiel jemand Herrschaftswissen vortäuscht, besondere Kenntnisse behauptet, die den meisten ihrer Mitmenschen unbekannt seien, wenn sich jemand überdies in öffentlichen Debatten mit Andeutungen wichtig macht, ohne selbst in klaren Aussagen richtig auf den Punkt zu kommen, sollten Alarmlichter angehen. Schauen wir also in einem der nächsten Schritte, was in Wundrakien gewußt wird, was Wundrakier öffentlich an Wissen anbieten, statt bloß mit Informationen um sich zu schmeißen.
+) Mars (Eine Debatte über Krieg)