Netzkultur: Das knappe Zeitfenster

Ich habe im Web eine kleine Liste zur Geschichte der Netzkultur deponiert (Link am Seitenende!), damit deutlich wird, wie überschaubar dieses Zeitfenster ist, in dem sich unsere Info-Sphäre radikal verändert hat.

Realwelt und digitaler Raum sind neue Verbindungen eingegangen.

Darin wandelte sich die (westliche) Gesellschaft in grundlegenden Bereichen und der Kulturbetrieb wurde davon unausweichlich verändert. Ich sehe aktuell nicht, daß es im steirischen Kulturgeschehen hinreichende Reaktionen auf diesen radikalen Innovationsschub gibt.

In dem Zusammenhang stelle ich mich in ein Lager, wo das Lesen und das gedruckte Buch hohe Priorität haben. Diese Position verlangt Engagement, weil nicht bloß die Social Media, sondern inzwischen auch diverse KI-Applikationen jene Prozesse korrumpieren, in denen menschliche Literarität sich entfaltet, entwickelt.

Mit Literarität ist eine Fähigkeit gemeint, Texte zu lesen, zu verstehen, zu reflektieren und auch selbst kohärent zu formulieren, zu schreiben. Das erscheint uns heutzutage derart selbstverständlich, daß man leicht übersieht, was das für ein komplexer und anspruchsvoller Vorgang ist.

Ich habe festzustellen, daß dieses Ensemble an Kompetenzen auch beim Kulturvölkchen erodiert; was sogar einen deutlichen Rechtsruck mancher Kulturschaffender zur Folge hat. Kritisches Denken und nachvollziehbares Argumentieren werden in den Social Media vielfach durch eine Flut von Repostings ersetzt.

Dazu werden Statements anderer Personen geliked und geteilt. Da geht es geht teilweise sehr dogmatisch zu. Dissens kann leicht zum Problem werden, das haßerfüllte Vorfälle auslöst. Das Prinzip „Begründen statt verkünden!“ steht nicht gerade auffallend im Vordergrund.

Wir nutzen digitale Werkzeuge um an analogen Projekten zu arbeiten.

Ich sehe mich als einen Autor, den man für Old School halten darf. Ich meine, Literarität und gedruckte Bücher gehören nach wie vor zu den Fundamenten einer pluralistischen und demokratischen Gesellschaft.

Eine knappe Skizze
Ab 1978 gab es Bulletin Board Systems (BBS). Diese Technologie nutzte ich 1996 für ein Kulturprojekt, die „mBox“. Im Jahr 1985 ging mein erstes Gedicht via MUPID online. Die erste Startseite im Web wurde 1991 von Tim Berners-Lee am CERN erstellt.

Ich konnte 1997 im „Kunstnetz“ erste WWW-Erfahrungen sammeln, 1998 war ich mit meiner eigenen Website, der „v@n-site“, online. Bis etwa 2000 war ich früher Akteur einer österreichischen Netzkultus-Community, von der man im Rückblick sagen kann: Social Media und die Konsequenzen haben wir nicht kommen gesehen.

Im Jahr 2004 wurde Facebook gegründet. Das erste große Hauptereignis internationaler Social Media. Es folgte 2006 zum Beispiel „twttr“, das sich schließlich als „twitter“ etabliert hat und heute als „X“ läuft.

+) Netzkultur-Geschichte: Timeline (Ein kleiner Überblick)

Postskriptum
Ich bin gemeinsam mit Fotograf Richard Mayr Autor des Buches „An solchen Tagen“ (Edition Keiper, Graz), zu dem es eine webgestütze Extension gibt. Wir sind erneut mit Robert Fimbinger im Einvernehmen, der bei Keiper als Produktionsleiter tätig ist. Es geht darum, bereichsübergreifend am Thema „Künstliche Intelligenz“ zu arbeiten.