Ich bin lang genug aktiver Teil des steirischen Kulturbetriebs, um über ein paar Zusammenhänge nicht mehr grübeln zu müssen. Etwa Haltungsfragen.

Manchmal kollidieren Interessen, muß eine mögliche Übereinkunft verhandelt werden. Ich bin weg, falls ich merke, daß sich dabei eine Kampfrhetorik breit macht und falls Meldungen über den Fortgang kulturpolitischer Kontroversen sich in die Richtung einer Art Kriegsberichterstattung entwickeln.
Ich lehne „Funktionärssprech“ ab, denn dieses übliche Floskelrepertoire bringt keinerlei anregende Erkenntnis, sondern ist bloß ein Arsenal für den Schlagabtausch. All das hielte ich überdies so oder so für aussichtslos, wenn die Debatte im Ausgangspunkt auf stichhaltige Befunde verzichtet.
Ich greife zur Illustration ein Beispiel heraus, Zitat: „Das ist ein existentieller Angriff und es ist ein Angriff auf Presse- und Kunstfreiheit.“ Dieser Satz ergibt im Zusammenhang mit staatlicher Kofinanzierung eines Kulturprojektes fast keinen Sinn, ist vor allem eine rhetorische Verzierung. Ganz Floskel.
Ich verzichte auf die Angabe der Quelle, weil es erfahrungsgemäß für Unmut sorgt, wenn ich eine kritische Sichtweise auf das eigene Milieu konkret anwende. Da wird ab und zu gerne reproduziert, was man den Andersdenkenden vorhält. Mein Milieu, das meint Kunst- und Kulturschaffende und jenen Teil des Publikums, der sich in öffentliche Diskurse einbringt.
Mythenbildung
Sollte sich nun etwa für die laufende Kontroverse über Solidaritätsrufe eine „Szene“ zeigen, die in unserer Alltagspraxis keine ist, womöglich nie eine war, haben wir auf Sand gebaut. Sollte eine „Solidarität“ behauptet werden, für die ich keine Belege finde, außer im Verlauf solcher Kampagnen, haben wir auf Sand gebaut. Was genau ist nun der Fall?

In meinem Metier werden selbstverständlich berufsbedingte Interessen vertreten und kolportiert. (Das tue ich hier ja auch gerade.) Hat das einen Tonfall, wie ich das aus aktuellen Wahlkämpfen kenne, so eine Werbeagentur-Rhetorik, mag das im günstigsten Fall einen kleinen Budget-Vorteil bringen. Einen erheblichen Kategoriensprung hab ich in all den Jahrzehnten dabei noch nie erlebt.
Rechtfertigt das Alarmismus, Polemik und Propaganda? Ich lese „Kulturland retten“. Ist das so? Ich bezweifle das. Welcher Untergang soll das sein? Wo ich stehe, geht Kultur nicht unter, schweigt die Kunst nie, wie schon gerne öffentlich behauptet wurde.
Das ist von mir aus der Kern solcher Kontroversen: Mich und mein kulturelles Engagement, meine Kunstpraxis, gibt es auf jeden Fall; ganz egal, wie sich Politik und Verwaltung dazu stellen. Meine Meinungsfreiheit und meine Teilhabe an öffentlichen Diskursen kann durch Politik und Verwaltung bestenfalls belastet und erschwert werden, was schon vorgekommen ist. Verhindern läßt sich mein Weg nicht.
Meine Positionen hängen keinesfalls von wohlmeinenden Personen aus der Funktionärswelt ab. Notfalls wird mein Leben sehr anstrengend, was auch schon vorgekommen ist, doch ich bleibe im Lager von Toni Morrison: „No! This is precisely the time when artists go to work. There is no time for despair, no place for self-pity, no need for silence, no room for fear. We speak, we write, we do language. That is how civilizations heal.” [Quelle: The Nation.]
+) Ein Feuilleton (Kulturpolitische Beiträge)
Postskriptum
Der Kulturstandort in Gefahr? Ich lese das vor allem einmal als Ausdruck eines etwas schwächelnden Selbstbewußtseins in der Branche. Wir sollten eine ausreichende Anzahl kompetenter Leute sein, eine Legion primärer Kräfte des kulturellen Lebens der Steiermark, die für ein relevantes geistiges Lebn sorgen und damit schon aus eigener Kraft und mit eigenen Kanälen hinreichende mediale Präsenz haben.

Damit sollte eine intellektuelle Potenz erfahrbar werden, der Funktionstragende ausn Politik und Verwaltuing achtsam begegnen. Siehe dazu auch: „Kulturpolitisches Karaoke“ vom Fezember des Vorjahres!